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Meinung: Eine Epoche geht zu Ende

Meinung: Eine Epoche geht zu Ende

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Das Weiße Haus in Washington Ende einer Epoche Foto: picture alliance/NurPhoto
Meinung
 

Eine Epoche geht zu Ende

Die Trump-Präsidentschaft bietet auch alle Voraussetzungen, Schluß zu machen mit dem unseligen Primat der Moral in der westlichen Außenpolitik. Für Deutschland kann die Schlußfolgerung nur lauten: Die bedingungslose Westbindung war ein Kind zweier Kriege, des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs. Diese Zeit ist vorbei. Ein Kommentar von Thomas Fasbender.
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Die Frage, wer für Deutschland und Europa der bessere US-Präsident wäre, hat sich erübrigt: Wir werden mit Donald Trump leben müssen. Immerhin klangen zuletzt auch in deutschen Mainstream-Medien Bedenken an, ob er für die Welt wirklich das größere Sicherheitsrisiko darstellt. Was gegen ihn vorgebracht wird, ist der Mangel an außenpolitischer (und überhaupt an politischer) Erfahrung sowie das Fehlen eines außenpolitischen Programms und außenpolitischer Berater. All das muß nicht zwangsläufig negativ sein.

Bei seiner unterlegenen Konkurrentin lagen die Dinge schon anders. Sie wäre als letzte Vollstreckerin der – ursprünglich von Republikanern erdachten – neokonservativen Außenpolitik in die Geschichte eingegangen. Schließlich haben beide Kandidaten ihren Wahlkampf unter dem Motto „Make American Great Again“ geführt – Trump offen ausgesprochen und auf die Wirtschaft und das US-amerikanische Selbstbewußtsein abzielend, Hillary Clinton eher verdeckt mit Blick auf die amerikanische Rolle in der Welt.

Gefühl der Marginalisierung

Der Bedeutungsverlust des Landes im vergangenen Jahrzehnt, vor allem auch das Erstarken des Rivalen China, hat ein Gefühl der Marginalisierung erzeugt, dem jeder Präsidentschaftskandidat entgegentreten muß.

Tatsache ist, daß sich heute weder China noch Rußland von hegemonialen Machtansprüchen der USA ohne weiteres beeindrucken lassen. Das war nach 1990 und bis weit in die Nullerjahre hinein noch ganz anders, also zur Hochzeit der neokonservativen Politik, als Washington internationale Militäraktionen ohne UN-Mandat und ohne Angst vor Gegnerschaft anordnen konnte.

Diese Zeiten sind vorüber. Man mag die Pekinger Politik im Südchinesischen Meer und das militärische Eingreifen Moskaus in Syrien als Reaktion auf den außenpolitisch schwachen Präsidenten Barack Obama werten. Damit ist aber noch nicht gesagt, wie die beiden Ländern auf ein schärferes Vorgehen ihres Rivalen heute reagieren würden. Nicht ohne Grund hat Hillary Clintons Ankündigung, im Fall ihres Wahlsiegs eine Flugverbotszone über Syrien einzurichten, in Sicherheitskreisen die Alarmglocken ausgelöst.

Der wahre US-Rivale ist China

Während Clinton allein aufgrund ihres außenpolitischen Programms ein Risiko dargestellt hätte, liegen die Dinge bei Trump – der kein Programm hat – anders. Das Risikoszenario: Trump, der gegen den Willen des Establishments beider großer US-Parteien und praktisch des ganzen Landes ins Amt gewählt wurde, könnte versucht sein, innenpolitische Schwierigkeiten mit Demonstrationen äußerer Stärke zu kompensieren.

Auf der anderen Seite könnte es ihm gelingen – und darin liegt die Chance dieser Präsidentschaft –, die europäische Konfrontation „westliche Demokratie“ gegen „russischen Autoritarismus“, die in alten Denkschemata des Kalten Krieges wurzelt, aufzubrechen. Schließlich ist der eigentliche US-Rivale im 21. Jahrhundert nicht Rußland, sondern China. Mit seiner maritimen Aufrüstung fordert Peking die amerikanische Herrschaft über die Ozeane massiv heraus.

Mag es sich derzeit „bloß“ um Wasserstraßen wie die Straße von Malakka oder den Panamakanal handeln – in der Hackordnung der Mächte müssen die USA dieser Herausforderung begegnen. Im Vergleich dazu sind die Reibereien mit Rußland nostalgisch – auf beiden Seiten. Eine Erinnerung an die gute alte Zeit des Kalten Kriegs.

Deutschland muß an seine eigene Zukunft denken

Die Trump-Präsidentschaft bietet auch alle Voraussetzungen, Schluß zu machen mit dem unseligen Primat der Moral in der westlichen Außenpolitik – ein genuin neokonservatives Erbe. Ganz so, wie es gerade paßt, bestimmt der Westen heute in jedem beliebigen Konflikt, je nach Medienlage und Videomaterial, wer gut und wer böse ist.

Im ukrainischen Bürgerkrieg unterstützt er die Regierung, im syrischen die Rebellen; wenn irakische Regierungstruppen die Stadt Mosul erobern, ist das eine Befreiungsaktion, wenn syrische Regierungstruppen die Stadt Aleppo erobern, ist das ein Kriegsverbrechen. Trumps Sieg ist auch ein Beweis dafür, daß diese Politik beim Wahlvolk einfach nicht mehr zieht.

Für Deutschland kann die Schlußfolgerung nur lauten: Die bedingungslose Westbindung war ein Kind zweier Kriege, des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs. Diese Epoche geht zu Ende. Im 21. Jahrhundert, während die USA sich in neuen globalen Rivalitäten verstricken, muß Europa, muß vor allem Deutschland an seine eigene Zukunft denken.

Deutsche Nibelungentreue, wie sie der Kaiser 1914 dem österreichischen Verbündeten gegenüber bewiesen hat, würde sich in einem militärischen Konflikt der USA mit China oder Rußland, oder einer anderen Macht, für unser Land – erneut – selbstmörderisch auswirken.

Das Weiße Haus in Washington Ende einer Epoche Foto: picture alliance/NurPhoto
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