BERLIN/STUTTGART. Die Kritik am baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon (AfD) reißt nicht ab. Mehrere AfD-Bundesvorstandsmitglieder verurteilten die antisemitischen Aussagen des Parlamentariers.
„Die Äußerungen sind antisemitisch und damit in Deutschland untragbar“, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Alexander Gauland der JUNGEN FREIHEIT. Schon wegen der Geschichte Deutschlands sei Antisemitismus „inakzeptabel in jeder Form“. Der stellvertretende Parteichef verwies auf andere Parteien in Europa, die ähnlich erfolgreich seien wie die AfD. Als Beispiel nannte Gauland den Front National. Dieser habe sich mittlerweile „deutlich von antisemitischen Tendenzen“ losgesagt. „Wenn so etwas in Frankreich nicht geht, geht es in Deutschland erst recht nicht. Im Bundesvorstand habe es im Fall Gedeon „keinen Dissens“ gegeben.
Hintergrund sind mehrere Publikationen Gedeons, die bereits einige Jahre alt sind und die er unter dem Pseudonym „W. G. Meister“ verfaßt hatte. In verschiedenen Büchern nennt er beispielsweise Horst Mahler und Ernst Zündel, die den Holocaust an den Juden bestreiten, „Dissidenten“, die allein wegen ihrer Meinung „für Jahre hinter Gitter“ gesperrt würden.
Gedeon verteidigt „Protokolle der Weisen von Zion“
Auch kritisiert er das Mahnmal für die ermordeten Juden in Berlin mit scharfen Worten und bezeichnet das Judentum als „inneren Feind“ des „christlichen Abendlandes“. Er wirft den Juden vor, an einer Versklavung der Menschheit zu arbeiten und verteidigt die sogenannten „Protokolle der Weisen von Zion“ nicht nur als echt, sondern auch als richtig.
Bei dem Machwerk handelt es sich um eine antisemitische Fälschung, die darauf abzielt, die Legende einer jüdischen Weltverschwörung zu stricken.
Aussagen entsprechen „nicht dem Geist der AfD“
Bundesvorstandsmitglied Julian Flak unterstrich, für „antisemitisches Gedankengut ist in der Partei kein Platz“. Er persönlich sei für ein Ausschlußverfahren gegen Gedeon, sagte er dieser Zeitung. Dabei müsse die Partei die hohen Ansprüche an ein rechtsstaatliches Verfahren einhalten und die Vorwürfe sorgfältig prüfen. Dazu gehöre auch, daß Gedeon angehört werde.
Der niedersächsische Landesvorsitzende Armin Paul Hampel sagte der JF: „Der Bundesvorstand unterstützt einmütig den Landesverband Baden-Württemberg und seinen Vorsitzenden Jörg Meuthen. Das haben wir mit unserem Beschluß klar zum Ausdruck gebracht.“ Die Aussagen von Gedeon entsprächen „nicht dem Geist der AfD“, betonte der Beisitzer im Bundesvorstand.
Null Toleranz für Antisemitismus
Bereits zuvor hatte Vorstandsmitglied Alice Weidel scharfe Kritik geübt. „In der AfD gibt es null Toleranz für Antisemitismus“, betonte sie. Personen mit diesem Gedankengut hätten in der Partei nichts verloren. Ihr Vorstandskollege Georg Pazderski sagte der JF mit Blick auf Gedeon: „Wenn er das so gesagt oder geschrieben hat, dann hat er in der Partei nichts zu suchen.“
Die stellvertretende Parteivorsitzende Beatrix von Storch schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter:
Für Antisemitismus ist kein Platz in der AfD. https://t.co/MnFyIwP5P4
— Beatrix von Storch (@Beatrix_vStorch) 7. Juni 2016
Nachdem am Vormittag bereits der Bundesvorstand dem AfD-Landesverband Baden-Württemberg einstimmig empfohlen hatte, ein Parteiausschlußverfahren gegen Gedeon einzuleiten, zog die Landtagsfraktion am Nachmittag nach. Laut einer Mitteilung „stimmte die Mehrheit der AfD-Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg für einen Antrag auf Ausschluß Dr. Wolfgang Gedeons aus der Landtagsfraktion“. Über den eigentlichen Ausschluß muß laut Fraktionssatzung in einer gesonderten Sitzung abgestimmt werden. Am 21. Juni soll dann eine endgültige Entscheidung getroffen werden.
Auf seiner Webseite verteidigte Gedeon seine Thesen. Er sei jedoch kein „Antisemit“ sondern „Antizionist“. Die Protokolle der Weisen von Zion seien „eher“ keine Fälschung. „Aber selbst wenn sie eine solche wären, wäre die Schlußfolgerung auf eine antisemitische Gesinnung willkürlich.“
Junge: „Müssen notwendige Konsequenzen ziehen“
Unterstützung erhielt Meuthen vom rheinland-pfälzischen Landes- und Fraktionschef Uwe Junge. „Jörg Meuthen macht genau das Richtige“, sagte Junge der JF. „Auch wenn die Äußerungen zehn Jahre zurückliegen, können wir uns solches Gedankengut nicht leisten. Das paßt nicht mit unseren Grundüberzeugungen zusammen. Insbesondere, da Herr Gedeon seine Äußerungen ja noch verteidigt. Daher ist ein Ausschluß richtig.“
Die AfD nehme für sich in Anspruch, eine konsequente Partei zu sein. „Dann müssen wir in diesem Fall auch in den sauren Apfel beißen und die hier notwendigen Konsequenzen ziehen. Alles andere wäre inakzeptabel. Sonst machen wir unser gesamtes Parteiprogramm zur Farce. Und eine Partei, in der solches Gedankengut geduldet würde, wäre auch nicht mehr meine Partei.“ (ho)