Vor 175 Jahren löste der Waffenstillstand von Malmö die mitteleuropäische Revolutionswende aus. Den „traumhaften und gefährlichen Unsinn, genannt deutsche Nationalität“ wollte schon damals andere Staaten in die Schranken weisen.
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Immer wieder ist der Unsinn zu lesen, Schleswig und Holstein, Flensburg oder Altona hätten früher „zu Dänemark gehört“ oder seien „dänisch gewesen“.
Das Herzogtum Schleswig war ein eigener Staat gewesen, dessen Oberhaupt – der Herzog – aber in Personalunion gleichzeitig König von Dänemark war.
So wie Kanada als Staatsoberhaupt den britischen König hat, ohne dabei zu Großbritannien zu gehören.
Schleswig und Dänemark waren getrennte Staaten.
Genau an dem Bestreben der „Eiderdänen“, das Herzogtum Schleswig dem Königreich Dänemark einzuverleiben, entzündeten sich die beiden deutsch-dänischen Kriege des 19. Jahrhunderts.
Das historische Herzogtum Schleswig gliederte sich sprachlich-ethnisch in einen (platt)deutsch geprägten Süden und einen dänisch geprägten Norden.
Dazwischen ein schmaler Übergangsstreifen in Gestalt eines „Flickenteppichs“ mit wechselnden Minder- und Mehrheiten.
Mit dem Versailler Vertrag von 1920 kam neben dem reinen dänisch geprägten Nordschleswig (wegen der en-bloc-Abstimmung) auch der gesamte Übergangsstreifen zu Dänemark, sodaß in Süddänemark mehrere mehrheitlich deutsch gesinnte Gemeinden landeten, umgekehrt in Deutschland jedoch keine mehrheitlich dänische.
Der letzte Absatz noch einmal grammatikalisch richtig: 🙂
„Mit dem Versailler Vertrag von 1920 kam neben dem rein dänisch geprägten Nordschleswig (wegen der en-bloc-Abstimmung) auch der gesamte Übergangsstreifen zu Dänemark, sodaß in Süddänemark mehrere mehrheitlich deutsch gesinnte Gemeinden landeten, umgekehrt in Deutschland jedoch keine mehrheitlich dänischen.“
So hatte die Kleinstadt Tondern 76% Stimmen für einen Verbleib bei Deutschland, kam aber trotzdem zu Dänemark, weil es in der Nordzone lag, in der en bloc abgestimmt wurde, sodaß der große dänische Norden den kleinen, mehrheitlich deutschen Südteil überstimmte.
In der Südzone – jaaa, daaa durfte dann plötzlich gemeindeweise statt en bloc abgestimmt werden. Deswegen gehört z.B. Flensburg, das im Vergleich zu Tondern „nur“ 75% deutsche Stimmen hatte, bis heute zu Deutschland.
Aber Schwamm drüber!
Im Vergleich zu den übrigen Grenzen des Versailler Vertrags waren die neue deutsch-dänische Grenze und die neue österreichisch-ungarische Grenze im Großen und Ganzen echte Friedensgrenzen.
Kleinere Ungerechtigkeiten wie im Falle Tondern + Tingleff oder Ödenburg/Sopron + Preßburg/Bratislava/Pozsony fallen da kaum ins Gewicht.
… anderswo wurden das Memelland, die Großstadt Danzig, Westpreußen-Pommerellen, Südtirol, das Sudetenland oder das Elsaß ganz ohne Volksabstimmung von Deutschland bzw. Österreich abgetrennt und gegen den Willen von teilweise über 95% der davon betroffenen Bevölkerung fremden und ethnischen Deutschen feindlich gesinnten Staaten zugeschlagen.
Da hatten es die deutschsprachigen Nordschleswiger noch gut erwischt.
Außer in den Jahren unmittelbar nach 1945.
Dieser Artikel zeigt einmal mehr, daß es nicht die Deutschen waren, die sich dem Westen verweigerten, sondern umgekehrt: Der Westen (damals in Gestalt von Großbritannien und Frankreich) akzeptierte ein Deutschland nicht.
In Zeiten des Ukraine-Kriegs wird auch viel zu wenig darauf hingewiesen, daß in den Augen des Westens lange Zeit nicht Rußland, sondern die Deutschen – also wir! – als Problem betrachtet wurden.
Obwohl sich das damalige Rußland nicht wesentlich vom heutigen unterschied, was seine Brutalität und gesellschaftliche Rückständigkeit angeht.
Dem hartnäckigen Kollaborieren der Briten und Franzosen mit den Russen ist es zu verdanken, daß nicht nur den Deutschen so lange ihre Freiheit in einem Nationalstaat verwehrt wurde, sondern „nebenbei“ auch, sozusagen als Kollateralschaden der antideutschen Politik, die Polen, Balten und Ukrainer immer wieder – mit Billigung der Westmächte – der russischen Oberhoheit unterworfen wurden.
Wir Deutschen sitzen mit den kleinen Ländern Ostmitteleuropas in einem Boot:
zwischen allen Stühlen, latent im Zangengriff zwischen Rußland und dem Westen.
Interessant, die letzten beiden Absätze:
Dann steht also Schopenhauer der heutigen deutschen Linken erheblich näher als die damalige deutsche Linke…
„die Klage über den womöglich typisch deutschen Mangel an Talent zur Revolution“
Naja, erstens ist das nur ein Mangel, wenn sich die Deutschen ständig mit Frankreich messen.
In Großbritannien, Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, den Niederlanden und Luxemburg regieren bis heute Monarchien, weil sie nicht durch heißblütige Revolutionen weggefegt wurden, sondern sich diese Länder über einen längeren Zeitraum durch Reformen zu parlamentarischen Demokratien entwickelt haben.
In dieser Weise hätte sich wohl auch das deutsche Kaiserreich von 1871 entwickelt, wenn nicht die Niederlage im Ersten Weltkrieg dazwischen gekommen wäre.
Zweitens sind Revolutionen in zentralistischen Staaten wie Frankreich oder Rußland auch besser möglich: wer die Hauptstadt in seine Gewalt bringt, beherrscht dann auch bald das ganze Land.
Im föderalen Deutschland mit seiner Kleinstaaterei war das schwieriger: Wenn Frankfurt oder Baden Revolution machten, kamen die Militärmächte Preußen und Österreich anmarschiert, um dem ein Ende zu bereiten.
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