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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Kapitulation des Afrikakorps 1943: Das Stalingrad im Wüstensand

Kapitulation des Afrikakorps 1943: Das Stalingrad im Wüstensand

Kapitulation des Afrikakorps 1943: Das Stalingrad im Wüstensand

Afrikakorps
Afrikakorps
Halbkettenfahrzeug SdKfz 7 des Afrikakorps; Generalmajor Georg von Bismarck (v.l.), Generalleutnant Fritz Bayerlein und Generalfeldmarschall Erwin Rommel 1942 Fotos: Wikimedia.org/Bundesarchiv/CC / JF-Montage
Kapitulation des Afrikakorps 1943
 

Das Stalingrad im Wüstensand

Anfang Mai 1943 mußte das Deutsche Afrikakorps in Tunesien gegenüber der Übermacht der Briten und US-Amerikaner kapitulieren. Aufstieg und Fall des Afrikakorps sind untrennbar mit dem Namen des Mannes verbunden, der dem Krieg in Nordafrika den Stempel aufdrückte und bei Freund und Feind zu einer nahezu legendären Erscheinung wurde: Erwin Rommel. Von Egon W. Scherer.
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Das Kriegsjahr 1943 begann für Deutschland mit dem Menetekel von Stalingrad. In der verwüsteten Stadt an der Wolga, in der Anfang Februar der letzte deutsche Widerstand erlosch, ging nicht nur eine Schlacht, sondern eine ganze Armee verloren – die seinerzeit stärkste der Wehrmacht. Wenn viele Deutsche schon damals die Empfindung hatten, daß sich mit diesem Fiasko die große Wende im Zweiten Weltkrieg abzuzeichnen begann, so verstärkte sich dieser Eindruck noch durch eine weitere Hiobsbotschaft, die bald verkündet werden mußte: Ein Vierteljahr nach Stalingrad war die Kapitulation von Rommels Afrikakorps in Tunesien der zweite schwere Schock für das deutsche Volk.

Die Propaganda des Dritten Reiches versuchte aus der Niederlage noch einen halben Sieg zu machen. Nach Einstellung der Kämpfe auf der tunesischen Kap-Bon-Halbinsel am 13. Mai 1943 hieß es im Wehrmachtsbericht: „Der Heldenkampf der deutschen und italienischen Afrikaverbände hat heute sein ehrenvolles Ende gefunden. Die letzten in der Umgebung von Tunis fechtenden Widerstandsgruppen, seit Tagen ohne Wasser und Verpflegung, mußten nach Verschuß der gesamten Munition den Kampf einstellen. Sie sind schließlich dem Mangel an Nachschub erlegen, nicht dem Ansturm des Feindes, der die Überlegenheit unserer Waffen auch auf diesem Kriegsschauplatz oft genug hat anerkennen müssen.

Krieg in Afrika führten beide Seiten mit Ritterlichkeit

Die Afrikakämpfer Deutschlands und Italiens haben trotzdem die ihnen gestellte Aufgabe in vollem Umfang erfüllt. Durch ihren Widerstand, der dem Feind in monatelangem, erbittertem Ringen jeden Fußbreit Boden streitig machte, fesselten sie in Nordafrika stärkste Kräfte des Gegners und brachten ihm schwerste Menschen- und Materialverluste bei. Die damit erreichte Entlastung an anderen Fronten und die gewonnene Zeit kamen der Führung der Achsenmächte in höchstem Maße zugute.“

Heute mag diese Bekanntmachung im „Wehrmachtsbericht“ ebenso pathetisch wie verlogen erscheinen. Aber manche Zeitgenossen haben sich von diesem durchaus raffinierten Text vielleicht doch täuschen lassen, da hier unterschwellig die Vorbereitung irgendwelcher „kriegsentscheidenden Maßnahmen“ angedeutet wurde – möglicherweise „Wunderwaffen“, für die man einfach noch Zeit brauche.

Hitler selbst verstärkte noch diesen falschen Eindruck, indem er dem letzten Kommandeur der „Heeresgruppe Afrika“, Generaloberst von Arnim, und seinen Truppen per Funkspruch „Dank und höchste Anerkennung“ aussprach: „Für den Gesamterfolg des Krieges ist er von höchstem Wert gewesen. Der letzte Einsatz und die Haltung ihrer Truppen werden ein Vorbild für die gesamte Wehrmacht des Großdeutschen Reiches sein und als ein besonderes Ruhmesblatt der deutschen Kriegsgeschichte gelten“.

Halbwahr und pathetisch auch das, was Hitler funkte. Die offenkundige Niederlage, bei der immerhin über 250.000 Soldaten, darunter die Hälfte Deutsche, die Waffen streckten, wurde kein Sieg, weil dieser Kampf angeblich für den „Gesamterfolg des Krieges“ von „höchstem Wert“ war – für einen Gesamterfolg, der damals schon höchst fraglich schien. Aber mit einem Satz sollte Hitler nur zu recht haben: Die Haltung der Truppen des Afrikakorps wird auch heute noch als vorbildlich anerkannt. Und das wegen einer soldatischen Tugend, die selbst der Feind ihnen zuerkannte: Fairneß gegenüber dem Feind.

Der ehemalige General Kurt von Tippelskirch, ein Chronist des Krieges, legt in seiner „Geschichte des Zweiten Weltkrieges“ ein beredtes Zeugnis ab für diese Ritterlichkeit der Afrikakämpfer, wenn er folgende Episode aus der Schlußphase des Kampfes erzählt: „Das Deutsche Afrikakorps und sein englischer Gegner hatten den Kampf über zwei Jahre hindurch auf dem afrikanischen Kriegsschauplatz mit einer auf beiden Seiten eingehaltenen Ritterlichkeit geführt, die wohltuend von der Entartung des Krieges an und hinter anderen Fronten abstach.“

Zweifrontenkrieg gegen Briten und US-Amerikaner

Als die Air Force der Alliierten in den letzten Kampftagen pausenlos Angriffe gegen den Hafen von Tunis richtete, fand diese humanitäre Kampfführung noch eine letzte Bestätigung. Auf einen direkten Funkspruch des Generaloberst Hans-Jürgen von Arnim stellte die feindliche Luftmacht ihre Angriffe gegen ein dort auch mit 600 britischen Gefangenen belegtes Transportschiff und ein deutsch-italienisches Lazarettschiff sofort ein. Zum Dank für die durch diesen Eingriff geretteten eigenen Soldaten entließ der britische General Harold Alexander nach Beendigung der Kämpfe auf Wunsch von Generaloberst von Arnim eine gleiche Anzahl deutscher Verwundeter mit einem Lazarettschiff in die Heimat.

Panzer des Afrikakorps Foto: picture-alliance / akg-images

Aufstieg und Fall des Deutschen Afrikakorps sind untrennbar mit dem Namen des Mannes verbunden, der dem Krieg in Nordafrika den Stempel aufdrückte und bei Freund und Feind zu einer nahezu legendären Erscheinung wurde: Erwin Rommel. Er hatte mit seinen Truppen die in ihren tripolitanischen Kolonien glücklos kämpfenden Italiener schon 1941 vor der drohenden Niederlage bewahrt, er hatte auch noch 1942 wieder das Banner der Achsenmächte im libyschen Wüstensand zum Siege geführt und die Cyrenaika inklusive des zur britischen Festung ausgebauten Tobruk zurückerobern können. „Wüstenfuchs“ Rommel war der wohl populärste Heerführer des Dritten Reiches, seine Afrika-Kämpfer waren die Lieblinge der Nation, und das Lied „Panzer rollen in Afrika vor …“ war einer der Kriegsgesänge, die vielfach begeistert gesungen wurden.

Nun rollten die Panzer nicht mehr. Die Schlacht war geschlagen, der Feldzug verloren. Bis El Alamein in Ägypten hatte Rommels Siegeszug 1942 geführt. Dann waren die Angreifer am Ende ihrer Kraft, die Front erstarrte. Und El Alamein wurde zum Begriff für die Schicksalswende in Afrika, Bernard Montgomery, seit dem 13. August Oberbefehlshaber der kräftemäßig überlegenen britischen Streitkräfte, zum Bezwinger Rommels. Am 3. November 1942 durchbrachen die Engländer die deutsch-italienischen Stellungen vor El Alamein. Das Afrikakorps mußte sich daraufhin zuerst aus Ägypten, Anfang 1943 dann aus der Cyrenaika immer weiter nach Westen zurückziehen.

Er kam nie zurück

Als am 8. November zudem amerikanische und englische Truppen in Marokko und Algerien (Operation Torch) landeten, um eine neue Front in Rommels Rücken aufzubauen, wich das Afrikakorps nach Tunesien aus, um die nachrückenden britischen Einheiten Montgomerys an der von den Franzosen 1938 an der Grenze zum italienisch kontrollierten Libyen errichteten Mareth-Festungslinie aufzuhalten.

Die deutsch-italienischen Truppen vereinigten sich in Tunesien mit den seit dem 10. November in Tunis gelandeten Streitkräften der Achsenmächte, um nun einen Zweifrontenkrieg gegen Montgomerys und die von Westen angreifenden US-Amerikaner unter Dwight D. Eisenhower auszufechten. Erwin Rommel, seit dem 23. Februar 1943 Kommandeur der aus seinem Korps, der in Tunesien stehenden 5. Panzerarmee des Generalobersten von Arnim und italienischen Truppen gebildeten „Heeresgruppe Afrika“, erkannte bald, daß die deutschen und italienischen Armeen der Vernichtung oder Gefangennahme preisgegeben waren, wenn sie nicht unverzüglich den Befehl zum Rückzug auf das europäische Festland erhielten. Der Feldmarschall verließ seine Truppen, um persönlich im Führerhauptquartier diese Entscheidung zu erwirken. Er kam nie zurück, weil Hitler weder auf seine Vorstellungen einging noch seine Rückkehr zum sterbenden Afrikakorps gestattete.

JF 19/18

Halbkettenfahrzeug SdKfz 7 des Afrikakorps; Generalmajor Georg von Bismarck (v.l.), Generalleutnant Fritz Bayerlein und Generalfeldmarschall Erwin Rommel 1942 Fotos: Wikimedia.org/Bundesarchiv/CC / JF-Montage
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