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Teil 2: Danzig, der ewige Streitpunkt

Teil 2: Danzig, der ewige Streitpunkt

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Teil 2: Danzig, der ewige Streitpunkt

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Dem Vertrag von Versailles folgten zwanzig Jahre zwischen beiden Kriegen, in denen das deutsch-polnische Verhältnis nicht immer unerfreulich war. Der Anfang war unglücklich und das Ende tragisch. Von 1934 bis 1938 gab es eine Zwischenzeit der Annäherung und zunehmender Verständigung. Beide Regierungen hatten im Prinzip zwei unterschiedliche Staatsaufassungen, was ihre Souveränitätsansprüche anging. Polen sah sich dabei als Nachfolger des historischen Groß-Litauen-Polen.

So herrschte Polen 1921 über ein Reich, das weit über die polnischen Sprachgrenzen hinausging, in dem auch elf Millionen Ukrainer, Deutsche, Weißrussen, Litauer und andere Minderheiten lebten. Im Deutschen Reich sah man sich als eine in einem Staate organisierte Volksgemeinschaft, als Gesamtheit aller Deutschen. Beide Auffassungen mußten kollidieren, wo sich die Ansprüche überlappten: in der Freien Stadt Danzig, in der Nordhälfte des polnischen Korridors und in einem Teil Oberschlesiens.

Alle Regierungen der Weimarer Republik vor Hitlers Regierungsantritt hatten den deutschen Anspruch auf die zwangsweise abgetretenen Gebiete mit deutscher Bevölkerung deshalb nie aufgegeben, auch wenn sie gewaltsame Wiedervereinigungen abgelehnt hatten. Erst Hitler bot 1938 die Anerkennung der polnischen Gebietserwerbungen seit 1920 als Preis für eine Wiedervereinigung der Freien Stadt Danzig mit dem Deutschen Reich an.

Endloses Kompetenzgerangel

Ein Dauerbrenner zwischen beiden Kriegen war der Streit der Republik Polen mit der Regierung der Freien Stadt Danzig und mit dem Rat sowie dem Hohen Kommissar des Völkerbunds um die Souveränität. Bei diesen Streitigkeiten stand Deutschland meist unbeteiligt außen vor. Kaum war die Verfassung der Freien Stadt Danzig vom 19. August 1920 drei Monate alt, begann Polen mit Versuchen, diese Verfassung und die ihr entsprechende Verfassungspraxis mit zahllosen Interventionen, Anträgen, Klagen und Aktionen zu seinem Vorteil zu verändern. Es ging dabei immer um die souveränen Hoheitsrechte der Freien Stadt, die Polen nicht anerkennen, sondern auf sich selber übertragen haben wollte.

Der Staat Polen hatte von den Siegermächten eine Reihe von Rechten eingeräumt bekommen und begann alsbald, die entsprechenden Behörden im Freistaat einzurichten. Die Mischung polnischer und Danziger Behörden in den Bereichen Post, Bahn, Zoll und Wasserstraßen im Freistaat programmierte ein endloses Kompetenzgerangel vor. Als der Staat Polen in den Folgejahren versuchte, sich die Freie Stadt Danzig in einer Serie vieler kleiner Schritte einzuverleiben und den Hohen Kommissar des Völkerbunds mit immer neuen Forderungen bombardierte, um den in Versailles erhobenen Anspruch auf Danzig doch noch durchzusetzen, erwies sich, daß dieses Konstrukt eines selbständigen Kleinstaats mit vielen ihm entzogenen Hoheitsrechten auf Dauer so nicht lebensfähig war.

Polen mußte sich zwischen 1921 und 1924 wiederholte Male vom Völkerbund belehren lassen, daß es keine Oberherrschaft über Danzig auszuüben habe. 1920 beantragte Polen zum Beispiel, als Protektoratsmacht über den Freistaat eingesetzt zu werden und polnische Truppen in Danzig stationieren zu dürfen. Der Völkerbund lehnte dieses Ansinnen 1920 ab. 1921 legte Polen 24 eigene Behörden in den Freistaat und verlangte für sie einen exterritorialen Status, genauso wie für die polnischen Liegenschaften, Schiffe und Beamten in der Stadt. Der Rat des Völkerbunds entschied aber, daß polnische Einrichtungen, Schiffe und Beamte auf Danziger Gebiet der Danziger Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt unterworfen seien und dort keine Exterritorialität besäßen.

Zugriff des polnischen Staates

Außerdem verlangte der Völkerbund, daß eine Eisenbahndirektion für die Verwaltung der polnischen Eisenbahn in Polen wieder aus dem Freistaat nach Polen zurückzuverlegen sei. 1921 versuchte die polnische Regierung den Danzigern ihre nationalen Visa-Bestimmungen aufzuzwingen. Polnische Behörden begannen, die Danziger Pässe von Danziger Bürgern einzuziehen und durch polnische Papiere zu ersetzen. In beiden Fällen schob der Völkerbund den Anmaßungen der polnischen Behörden sofort den Riegel vor.

Polen dehnte das eigene Postnetz auf fast die ganze Stadt aus, obwohl der polnische Postdienst nach Versailler Vertrag ausschließlich für den Hafen vorgesehen war. Polnische Behörden weigerten sich, die Völkerbundwährung, den Danziger Gulden, auf Danziger Gebiet als Zahlungsmittel anzunehmen, obwohl der an das englische Pfund gekoppelt und damit nicht wertlos war. Das polnische Militär legte gegen den ausdrücklichen Protest des Danziger Senats ein Munitionsdepot im Hafen an. 1923 bekam Polen nach Völkerbundsentscheid statt dessen eine Halbinsel vor der Stadt, die Westerplatte, für die Lagerung von Munition zugewiesen und ein Kontingent von 88 Soldaten zur dortigen Bewachung zugestanden.

Als nächstes versuchte Polen, die Truppe auf der Westerplatte zu verstärken. Auch hier schritt der Völkerbund mit einem Veto ein. 1932 nutzte Polen einen britischen Flottenbesuch in Danzig, um eigene Kriegsschiffe dorthin zu verlegen. Als der Senat der Freien Stadt dagegen protestierte, wurde ihm von Polen mitgeteilt, daß „polnische Kriegsschiffe das nächste öffentliche Gebäude beschießen würden, falls die Danziger Bevölkerung die polnische Flagge auf den polnischen Schiffen beleidige“. Ab August 1932 beanspruchte Polen generell das Recht zum Aufenthalt seiner Flotte im Danziger Hafen. So weitete sich der Zugriff des polnischen Staates auf den Freistaat langsam, aber unaufhörlich aus. Polen hielt den Druck im Danziger Kessel aufrecht, bis der Zweite Weltkrieg ausbrach. Ab 1933 erstarkte in Danzig – wie im Deutschen Reich – die NSDAP und erzeugte Gegendruck.

> Teil 3: Die wirtschaftliche Existenz war ständig gefährdet

JF 25/09

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