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Joachim Starbatty bei Desiderius-Erasmus-Stiftung: „Der Währungssozialismus wird scheitern“

Joachim Starbatty bei Desiderius-Erasmus-Stiftung: „Der Währungssozialismus wird scheitern“

Joachim Starbatty bei Desiderius-Erasmus-Stiftung: „Der Währungssozialismus wird scheitern“

Joachim Starbatty
Joachim Starbatty
Professor Joachim Starbatty spricht in der Bibliothek des Konservatismus
Joachim Starbatty bei Desiderius-Erasmus-Stiftung
 

„Der Währungssozialismus wird scheitern“

Der Euro-Crash sei unausweichlich: Joachim Starbatty nimmt in der Bibliothek des Konservatismus den europäischen „Währungssozialismus“ auseinander. Die Niedrigzinspolitik mache das Geld „ultrabillig“ und lasse Firmen und Banken am Markt, die nicht mehr konkurrenzfähig seien. Schlußendlich werde auch der Staat „zombifiziert“.
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Auf die Nachfrage, was Joachim Starbatty tun würde, wenn er Kanzler Deutschlands wäre, laviert der Ex-Politiker (CDU, BfB, AfD und zuletzt LKR) erst für ihn untypisch. „Nun, Sie müssen wissen, Professoren sind natürlicherweise eher ängstliche Menschen. Wir haben eine feste Stelle, sind verbeamtet.“

Das trage nicht dazu bei – wie man auch kürzlich wieder im Bundesverfassungsgerichts sehen konnte –, daß die Wissenschaftler mutig und klar formulierten. Zwei Kollegen waren als Experten geladen, berichtet er aus den Sälen Karlsruhes, um die Richter über die Finanzpolitik der Eurozone aufzuklären. „Es war eine grausige Vorstellung“, urteilt der 79jährige, um dann am Rednerpult in der Bibliothek des Konservatismus mit der linken wie zum Schlag auszuholen, in der die Desiderius-Erasmus-Stiftung eine Gastveranstaltung abhielt.

„Die Sparer werden enteignet, Schuldner bekommen Geld“

Mehrere Zuhörer in dem kleinen aber gut gefüllten Raum murmeln: „Das ist wohl wahr.“ Der Tübinger Professor resümiert: „Die Sparer werden enteignet, wer aber Schulden aufnimmt, bekommt dafür noch Geld.“ Das sei ein „Währungssozialismus“, wie schon der ehemalige tschechische Präsident Václav Klaus es nannte.

Man müsse gezielte Investitionspolitik stärken und den „ultra-billigen Zins“ abschaffen. Die finanzpolitische Gießkanne der Niedrigzinspolitik führe hingegen nur zur „Zombifizierung“. Heißt: „Erst werden die Unternehmen mit billigem Geld zombifiziert, dann werden die Banken zombifiziert, indem sie immer mehr Kredite von untoten Unternehmen halten, und schlußendlich wird auch der Staat zombifiziert“.

Klar benennt Starbatty auch die Schuldigen: Das seien der frühere EZB-Chef Mario Draghi genauso wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder ihr Ex- und aktueller Finanzminister Wolfgang Schäuble respektive Olaf Scholz. Er erinnert an Draghis „Whatever it takes“-Rede in London, bei der er für jeden Banker klar machte: Keiner von ihnen könne je so schnell Staatsanleihen kaufen, wie die EZB frisches Geld drucken könne. Zuvor hatte Merkel bereits ihre uneingeschränkte Solidarität erklärt: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“

Die Umkehr der Zinspolitik, wird nicht kommen

Was war damals los? Die Griechenlandkrise weitete sich zur Eurokrise aus und drohte, das Konstrukt der EU-Währung zu zersprengen. Seither habe sich nichts geändert. „Im Gegenteil, Draghi hat die Zinsen sogar noch gesenkt.“ Scholz jüngster Vorstoß zur europäischen Einlagensicherung schlage wieder in die selbe Kerbe. Die Kanzlerin zeigt sich wie üblich reserviert, findet aber, daß der Vorstoß in die „richtige Richtung“ gehe. Eine weitere Vertiefung der Bankenunion wird die Folge sein, erkennt auch Starbatty.

Dabei mache er Merkel heute keinen konkreten Vorwurf. Die Fehler lägen im System. Immer wieder wurden die Verträge gebrochen. Heute hätten wir eine im Maastrich-Vertrag verbotene Staatsfinanzierung. Auch die ältere No-Bail-Out-Klausel, zu deutsch: Nichtbeistands-Klausel, wurde damit indirekt gebrochen. Denn de facto habe Griechenland heute einen Schuldenaufschub für 40 bis 50 Jahre. „Griechenland kann sich zu 0,4 Prozent verschulden. Zum Vergleich: Die USA müssen 1,2 Prozent zahlen.“ Merkel laufe vielmehr ihren eigenen Entscheidungen hinterher.

Eine Umkehr sei in einiger Hinsicht auch irrational. Der Euro mache es leicht, daß Deutschland Waren exportiert und Arbeitskräfte importiert. Das bringt Geld. Die berüchtigten Target-Salden habe die Bundesbank vor kurzem, erklärt Starbatty, noch als Devisen geführt. Ähnlich wie Aktien standen sie für investiertes Geld. Nur sei es unklar, was passiert, wenn der Euro doch zusammenbricht oder wenn ein verschuldetes Mitglied, aussteigt. Nahezu 800 Milliarden schuldet die EZB der Bundesbank mittlerweile. Hauptschuldner sind nach wie vor Italien und Spanien.

Der Crash ist unausweichlich

Aus seiner Zeit im EU-Parlament wußte Starbatty noch zu berichten, was Draghi italienischen Parlamentariern geantwortet hatte auf die Frage, was mit den italienischen Schulden in dem Target-System passiere. „Die werden rückhaltlos eingetrieben“, zitiert der Professor mit hochgezogener Augenbraue und Grinsen. Anschließend hätten er und seine Ex-Kollegen gefragt, was mit den Geldern der deutschen Bundesbank passiere, wenn die Schuldner-Länder austreten würden. Draghi habe versichert: „Vertrauen Sie mir, das werde nie passieren.“

Eine Frau aus dem Publikum fragt, was der Volkswirt den empfehle. „Investitionen in Sachwerte“, kommt kurz und bündig zurück. Sicher sei, daß das System irgendwann zusammenbreche. Dann könnte alles sehr schnell gehen. Starbatty erinnert an die Inflation in der Weimarer Zeit. 1923 begann die Entwertung schleichend. Die Inflation wurde dann aber rasch verstärkt, weil die Umlaufzeit des Geldes verringert wurde. „Erst wurde der Lohn monatlich gezahlt. Dann täglich. Schließlich erhielten Arbeiter ihr Geld stündlich. Weil es sonst nichts mehr Wert gewesen wäre.“ Wann der Zusammenbruch kommt? Darauf wollte er sich nicht festlegen.

Am Ende erhob sich ein großer Applaus in dem kleinen Raum. Einige wollten den Professor gar nicht mehr gehen lassen – wie damals, als Starbatty in Tübingen den Ruf an eine andere Uni erhalten hatte. Um seinen Weggang zu verhindern, so erzählt einer der Gäste, organisierten seinen Studenten einen Fackelzug bis vor sein Haus. Starbatty blieb. Manchmal hilft es eben, Zeichen zu setzen.

Professor Joachim Starbatty spricht in der Bibliothek des Konservatismus
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