Wer vergangenen Donnerstag der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) und deren Präsidenten Mario Draghi zugehört hat, der konnte vor allem eine Botschaft vernehmen: Die EZB will die Zinsen nicht anheben. Weder die aufgehellte Konjunkturlage noch eine Jahresinflation der Konsumgüterpreise von zwei Prozent veranlassen sie, die Phase der extrem niedrigen Zinsen zu beenden.
Vielmehr soll bis Sommer 2019 der Leitzins unverändert bei null Prozent bleiben, der Einlagezins weiter bei minus 0,4 Prozent verharren. Die EZB will ganz offensichtlich marode Staaten und angeschlagene Banken mit ihrer Geldpolitik subventionieren, sie über Wasser halten.
Aufschwung auf tönernen Füßen
Um das zu erreichen, hat sie dafür gesorgt, daß beispielsweise die Rendite für zweijährige deutsche Staatsanleihen bei minus 0,6 Prozent liegt. Das heißt, nach Abzug der Inflation liegt die reale Rendite bei minus 2,6 Prozent pro Jahr: Ein Traum für Schuldner – ein Albtraum für Sparer!
Der Aufschwung, der mit den niedrigen Zinsen in Gang gesetzt wurde, steht auf tönernen Füßen. Denn das heißt, daß in realer Rechnung aus 100 Euro nach einem Jahr nur noch 97,60 Euro übrig sind. Verschulden lohnt sich, Sparen wird zum Verlustgeschäft.
In der kurzen Frist mag der Niedrigzins das Konjunkturgeschehen im Euroraum unterstützen. Er sorgt jedoch – für viele noch nicht beobachtbar – für wachsende Ungleichgewichte.
Ermutigung zum Schuldenmachen
Konsumenten und Unternehmen verschulden sich zusehends, und auch Staaten treiben ihre Verschuldung immer weiter in die Höhe. Die Bankrottgefahr steigt. Es kommt zudem zur Vermögenspreisinflation: Die Preise für beispielsweise Häuser und Grundstücke steigen und machen für viele Wohneigentum unerschwinglich.
Der Fortbestand des Aufschwungs hängt von niedrigen Zinsen und mehr Inflation ab. Wenn aber die Abkehr vom Null- und Negativzins nicht jetzt erfolgt, wann dann? Je länger der Aufschwung andauert, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß er ausläuft.
Will die EZB die Zinswende vielleicht so lange hinauszögern, bis sie aus konjunkturellen Gründen nicht mehr vollziehbar ist? Möglich. In jedem Falle sind die Folgen für Anleger schon jetzt absehbar: Der innere und äußere Wert des Euro wird weiter herabgesetzt.
Es gibt Alternativen zum Euro
Unter dieser Bedingung bleiben Giro-, Termin- und Spareinlagen in Euro ein Verlustgeschäft – und davon halten die Deutschen nach wie vor etwa 3,7 Billionen Euro. Anleger sollten ein „Euro-Klumpenrisiko“ meiden. Alternativen zum Euro sind zum Beispiel der US-Dollar, Schweizer Franken oder die „Währung Gold“.
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Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirtschaftler und Präsident des Mises-Instituts.