MÜNCHEN. Eine Mehrheit der deutschen Wirtschaftsprofessoren sieht den gegenwärtigen Andrang von Asylbewerbern kritisch. Vierzig Prozent erwarten von den Einwanderern eher Nachteile für Deutschland. 23 Prozent sehen Vorteile. Der Rest ist unentschieden. Dies geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Ifo-Instituts unter 220 Ökonomen hervor.
Die Befragung zeigt, daß deutsche Wirtschaftsprofessoren den Asylbewerberzustrom mehrheitlich weit weniger optimistisch beurteilen als etwa der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau. Dieser hatte die aktuelle Lage als größte wirtschaftliche Chance für Deutschland seit der Wiedervereinigung bezeichnet.
Bessere Grenzsicherung gefordert
Zur Integration der Asylbewerber sei nach Ansicht von 56 Prozent der Professoren notwendig, den Mindestlohn abzusenken. 37 Prozent sprachen sich dagegen aus und warnten vor Spannungen zwischen Deutschen und Einwanderern.
„Eine Senkung des Mindestlohns würde aber die Debatte über eine Verdrängung deutscher Arbeitnehmer heraufbeschwören“, schreibt Professor Erwin Amann von der Universität Duisburg-Essen in der Umfrage, obwohl er an sich „kein Verfechter des Mindestlohns“ sei. Ein Großteil der Ökonomen fordert eine bessere Sicherung der Außengrenzen des Schengen-Raums. 46 Prozent stimmen dieser Aussage „voll und ganz“ zu, weitere 30 Prozent stimmen ihr „eher“ zu.
Kritik an Griechenland-Hilfen
Die Milliarden-Kosten für die Asylkrise sollten laut Umfrageergebnis über Neuverschuldungen (45 Prozent) und Steuererhöhungen (36 Prozent) finanziert werden. Andere Antwortoptionen wie die Reduzierung internationaler Zahlungen, die Anhebung des Renteneintrittsalters oder die Kürzung von Sozialausgaben rangieren dahinter.
Insgesamt beurteilen die meisten Wirtschaftswissenschaftler die deutsche Asylpolitik kritisch, die von Kanada und Australien hingegen positiv. Beide Länder selektieren stark nach der Qualifikation der Einwanderer. Skeptisch äußerten sich 70 Prozent der nun erstmals befragten Professoren zudem zu den Hilfspaketen für Griechenland. Sie gaben an, es helfe langfristig nicht, Griechenland mit immer mehr Geld zu stabilisieren. Damit werde nur Zeit gekauft.
Das Ökonomenpanel des Ifo-Instituts soll künftig jeden Monat das Meinungsbild der deutschen Volkswirtschaftsprofessoren erforschen. „Es geht darum, ein differenziertes Meinungsbild der deutschen Ökonomen zu aktuellen und grundsätzlichen Fragen aufzeigen zu können“, sagte der Initiator Niklas Potrafke, Leiter des Ifo-Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie. (mv)