Man muß sich das noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Die Bild-Zeitung brachte im vergangenen November gemeinsam mit dem Weltbild-Verlag eine „Volksbibel“ heraus: 2,5 Kilogramm schwer, mit Goldschnitt und einem Geleitwort von Bischof Karl Lehmann, dem Vorsitzenden der deutschen Katholischen Bischofskonferenz, und Bischof Wolfgang Huber, Chef der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Auflage von 250.000 Exemplaren war dank des Werbedrucks der mit zwölf Millionen Lesern einflußreichsten und größten Zeitung Deutschlands innerhalb von drei Wochen vergriffen. Man muß nur ein einziges Exemplar der Bild-Zeitung in die Hand genommen haben, um zu wissen, wie pervers dies ist. Am Donnerstag, den 19. Mai, konnte Bild-Chefredakteur Kai Diekmann gemeinsam mit den Bischöfen Lehmann und Huber, die brav neben ihm antraten, beim Hamburger Bauer-Verlag die „Goldene Feder 2005“ für die Idee der Volksbibel entgegennehmen. Der Bauer-Verlag: In diesem Haus erscheint unter anderem das Jugendmagazin Bravo. Nicht ohne Grund sind mehrmals Ausgaben dieses Blattes als jugendgefährdend indiziert worden. Wer kann einem eigentlich erklären, warum diese beiden höchsten Repräsentanten der christlichen Kirche in Deutschland einen Preis eines Verlages entgegennehmen, der eine derart sozial und moralisch desorientierend wirkende Zeitschrift wie Bravo verantwortet? Warum haben die Eminenzen nicht – wie einst Jesus im Tempel von Jerusalem die Händler – die Repräsentanten des Bauer-Verlages mit harten Prügelschlägen aus dem Saal gejagt und Kai Diekmanns ölige Frisur mit einem Exemplar der „Volksbibel“ in Form gebracht? Statt dessen ließen sich die Kirchenführer für einen durchsichtigen PR-Coup mißbrauchen, mit dem diese beiden Verlage, die an der Ausbeutung des Intimlebens von Minderjährigen, an der Förderung der Prostitution (siehe die Anzeigenseiten ihrer einschlägigen Blätter) Millionen verdienen, ihr amoralisches Image aufpolieren wollen. Es gibt keine Zeitung, die derart menschenverachtend das Privatleben auch einfacher Bürger ausschlachtet wie die Bild-Zeitung. Diekmann meint kaltschnäuzig, die Inhalte stünden zur Bibel nicht im Widerspruch: „Auch die Bibel berichtet über Untreue, Vergewaltigung, Mord, Verrat, Schurken – und zwar nicht weniger detailliert als wir.“ Der Gipfel war die von Kai Diekmann höchstpersönlich mit Vernichtungswillen betriebene Menschenjagd gegen den bekennenden Christen Martin Hohmann, der als „CDU-Hetzer“ regelrecht zum Abschuß freigegeben wurde. Hohmann fiel Bild und nicht etwa linken Medien zum Opfer – das ist die ganze Wahrheit. Vor wenigen Tagen brachte Bild eine ihrer typischen pseudomoralischen Schlagzeilen auf dem Titel: „Diese toten Kinder klagen an: Sperrt Triebtäter für immer weg!“ Es ging um Sexualstraftäter, mit denen die Justiz zu milde umging. Blätterte man in dieser Ausgabe weiter, so quollen einem auf jeder zweiten Seite gespreizte Beine und blanke Busen entgegen. Wenn jemand die Triebtäter von morgen produziert, dann dieses Blatt! Die Bild-Schlagzeile müßte deshalb konsequenterweise lauten: „Sperrt Diekmann für immer weg!“
- Deutschland