BERLIN/NÜRNBERG. Scharfe Kritik an der 180-Grad-Wende zur Schuldenpolitik der Union nach der Bundestagswahl hat die Wirtschaftsweise Veronika Grimm geübt. Bis zu 900 Milliarden Euro Schulden wollen CDU/CSU und SPD noch durch den alten, abgewählten Bundestag bringen und mit den Grünen als „Sondervermögen“ ins Grundgesetz schreiben. Im neuen Bundestag haben die drei Fraktionen dafür nicht mehr die nötige Zweidrittel-Mehrheit.
Grimm, die dem Sachverständigenrat seit fünf Jahren angehört, sagte der Bild-Zeitung: „Die Ampel hat jetzt dreieinhalb Jahre bewiesen, daß Subventionen auf der Basis von Schulden nicht funktionieren, daß der Staat schlecht darin ist, mit dem Geld das Richtige anzufahren.“
Jetzt solle – noch bevor die Koalitionsverhandlungen überhaupt begonnen haben – „das ganz große Faß aufgemacht“ werden. Die Nürnberger Wirtschaftsprofessorin kritisierte das Vorhaben, zwei große Schuldentöpfe für Verteidigung und Infrastruktur aufzumachen, scharf: „Das klingt eigentlich mehr nach Satire als nach einem ernsthaften Vorschlag.“ Sie könne nur hoffen, daß sich die Union nicht darauf einlasse. Allerdings hatte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz die Initiative dazu jetzt erst ergriffen – entgegen aller Wahlversprechen.
„Wir reden nur über zusätzliche Schulden“
Wenn das so passiere, „verschießen wir unser Pulver, bevor wir überhaupt eine Strategie haben, wie wir wehrhaft werden und gleichzeitig das Wachstum ankurbeln“, warnte die 53jährige Ökonomin. „Wir reden dauernd nur über zusätzliche Schulden, viel zu wenig über eine Strategie, wie wir aus diesen Investitionen auch wirklich Wachstum generieren.“
Daß mit der durch das „Sondervermögen“ ermöglichen Aufrüstung auch die deutsche Wirtschaft angekurbelt werden, zieht Grimm in Zweifel: „Am Ende nehmen wir jetzt viel Geld auf und kaufen damit bei den Amerikanern ein. Die wird das freuen. Wir aber werden dadurch unsere strukturellen Schwächen nicht überwinden.“ (fh)