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„Majestätsbeleidigungs-Paragraph“: Wen verklagt der beleidigte Kanzler? Merz verliert vor Gericht

„Majestätsbeleidigungs-Paragraph“: Wen verklagt der beleidigte Kanzler? Merz verliert vor Gericht

„Majestätsbeleidigungs-Paragraph“: Wen verklagt der beleidigte Kanzler? Merz verliert vor Gericht

Wahlplakat mit Friedrich Merz und Beleidigung. Nun muß der Kanzler Auskunft geben.
Wahlplakat mit Friedrich Merz und Beleidigung. Nun muß der Kanzler Auskunft geben.
Wahlplakat mit Friedrich Merz und Beleidigung. Nun muß der Kanzler Auskunft geben. Foto: picture alliance / Rene Traut Fotografie | Rene Traut
„Majestätsbeleidigungs-Paragraph“
 

Wen verklagt der beleidigte Kanzler? Merz verliert vor Gericht

Der Kanzler weigert sich, die Frage zu beantworten, welche Staatsanwaltschaften gegen Bürger ermitteln, die Merz beleidigt haben sollen. Doch diese Auskunft muß er nun erteilen, entschied ein Gericht. Ist er der neue Habeck?
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BERLIN. Das Berliner Verwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren auf Antrag des Tagesspiegels entschieden, daß Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nicht verschweigen darf, welche Staatsanwaltschaften Ermittlungsverfahren wegen sogenannter Politikerbeleidigungen führen, die gegen ihn gerichtet sind. Das berichtet die Berliner Tageszeitung in eigener Sache.

Dabei geht es um den von seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) eingeführten Strafgesetzbuch-Paragraphen 188, der sogenannte Politiker-Beleidigungen zum Offizialdelikt macht. Oft kam es wegen des sogenannten „Majestätsbeleidigungs-Paragraphen“ zu Hausdurchsuchungen. Für eine einzige Beleidigung drohen bis zu drei Jahre Gefängnis.

Vor allem die früheren Grünen-Minister Robert Habeck und Annalena Baerbock hatten davon reichlich Gebrauch gemacht. Die Welt berichtete kürzlich, daß auch Merz in hunderten Fällen Bürger über die Staatsanwaltschaften verfolgen läßt, die den Kanzler beleidigt haben sollen. Bereits vorher war bekannt, daß der CDU-Vorsitzende einen Strafantrag gegen einen Stuttgarter unterschrieb, der ihn als „Suffkopf“ bezeichnet hatte – die Analogie zu Habecks „Schwachkopf“-Strafantrag sprang dabei ins Auge. Es kam zu einer Hausdurchsuchung (die JF berichtete).

Doch um welche weiteren Fälle geht es genau? Handelt es sich bei den angeblichen Delikten womöglich nur um Regierungskritik?

Merz: Keine öffentliche Debatte zu dem Thema

Das können Journalisten erst einschätzen, wenn sie die Fälle kennen. Dafür müssen sie die ermittelnden Strafverfolgungsbehörden kontaktieren. Bisher hat sich das Kanzleramt hartnäckig geweigert, Fragen dazu zu beantworten. Der Tagesspiegel klagte deswegen bereits im Juli. Merz‘ Anwälte begründeten die Ablehnung damit, solche Auskünfte beeinträchtigen die Strafrechtspflege, und außerdem seien die Fragen dazu eine unzulässige „Ausforschung“. Es bestehe auch keine Eilbedürftigkeit, weil keine öffentliche Debatte zum Thema stattfinde.

Eine These, die das Gericht wohl auch angesichts der heftigen Diskussion über Habeck und Baerbock nicht teilte. Es sei „hinreichend dargelegt, daß gerade die aus Anlaß von Paragraph 188 StGB geführten, konkreten Ermittlungsverfahren von gesteigertem öffentlichem Interesse sind“, zitiert die Zeitung aus dem Urteil.

Es handele sich auch um keine „Ausforschung“, da es Sache der Presse sei, „selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege aufzubereiten“.

Massenhafte Ermittlungen wegen „Majestätsbeleidigung“

Medien berichteten, daß Merz – genau wie Habeck und Baerbock – zumindest in seiner Zeit als Oppositionspolitiker die Klage-Agentur „So Done“ mit der Suche nach Beleidigungsdelikten beauftragt habe. Ob er auch heute noch mit ihr kooperiert, ist unklar.

Im sogenannten „Kampf gegen Haß und Hetze“ fordern NGOs und Politiker die Bürger auf, vermeintliche Beleidigungen bei staatlichen Portalen wie „Hessen gegen Hetze“ auch anonym zu melden. Diese Anzeigen gehen an das Bundeskriminalamt, das sie prüft und dann an die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften verteilt. Daher gibt es aktuell massenhafte Ermittlungen wegen Verstoßes gegen den Paragraphen 188.

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Die Justiz informiert dann die betroffenen Politiker, die darüber entscheiden können, ob sie selbst einen Strafantrag stellen. Sie haben auch die Möglichkeit, der Strafverfolgung zu widersprechen. Allein das Bundeskanzleramt bekommt jeden Monat 20 bis 30 solcher Fälle vorgelegt.

Merz gibt bisher an, keine Strafanträge zu unterschreiben, die Strafverfolgung seiner Kritiker aber auch nicht zu unterbinden. Ob das so stimmt, können nur die Staatsanwaltschaften bestätigen. Und die muß das Kanzleramt nun bekanntgeben, wenn es nicht Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegt. Der Beschluß ist noch nicht rechtskräftig. (fh)

Wahlplakat mit Friedrich Merz und Beleidigung. Nun muß der Kanzler Auskunft geben. Foto: picture alliance / Rene Traut Fotografie | Rene Traut
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