Nach tagelangem Rätselraten über die Ausschüsse im Bundestag hat die Union ihre Linie nun doch wieder verschärft. Unionsfraktionschef Jens Spahn kündigte zu Wochenbeginn in den Parteigremien an, man werde der Wahl von AfD-Kandidaten für Vorsitz und Stellvertretung in den Bundestagsausschüssen nicht zustimmen, berichtet die Welt. Damit ist klar: Die sechs von der AfD beanspruchten Gremien – darunter Inneres, Haushalt und Finanzen – bleiben zumindest vorerst ohne AfD-Führung.
Dabei hatte Spahn noch im April gefordert, die AfD solle im Bundestag wie jede andere Oppositionspartei behandelt werden. Die Politik müsse anerkennen, „wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben“, sagte er der Bild-Zeitung. In der Ausschußfrage jedoch wirkt es, als spiele der Christdemokrat politisches Pingpong mit sich selbst.
Verfassungsschutz als Vorwand
Zur Begründung verwies der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), auf die jüngste Bewertung des Verfassungsschutzes. Die Einstufung der Bundespartei als „gesichert rechtsextremistisch“ sei eine „erhebliche Veränderung“, die das Vorgehen rechtfertige. „Es macht schon einen Unterschied, weil es sich bei den Ausschußvorsitzenden um entscheidende Repräsentanten des Parlaments handelt“, sagte Bilger.
Daß das Bundesamt die Hochstufung vorläufig zurücknehmen mußte und das korrespondierende Gutachten von Staatsrechtlern zerpflückt wurde, erwähnte der Christdemokrat indes nicht.
Vielmehr liegt das Augenmerk auf den Ausschüssen. Tatsächlich ist der Vorsitz mit erheblichen Befugnissen verbunden: Wer ihn innehat, bestimmt über die Tagesordnung, lädt Gäste ein, erteilt das Wort. Die eigentliche Wahl erfolgt im Ausschuß selbst – doch dort verfügen AfD-Kandidaten nicht über die nötige Mehrheit.
Vize verdienen nicht wie Vorsitzende der Ausschüsse
Entsprechend der Geschäftsordnung und Vereinbarungen im Ältestenrat übernimmt bei einem Scheitern des Kandidaten das älteste Mitglied kommissarisch die Leitung – doch in keinem der Ausschüsse ist dies ein AfD-Abgeordneter, wie Bilger betont. Auf Dauer aber soll auch das verhindert werden: In der folgenden Sitzungswoche sollen die Vizevorsitzenden bestimmt werden. Auch sie müssen gewählt werden – und auch hier will die Union ihre Brandmauer bauen.
Problematisch ist das mit Blick auf das Amt selbst: Stellvertreter führen inhaltlich dieselbe Arbeit aus, erhalten dafür aber keine dem Vorsitz entsprechende Vergütung. Eine Klage aus der Union beim Verwaltungsgericht Berlin selbst hatte das bereits richterlich festgestellt. Dennoch sieht man auf Seiten der Union und SPD offenbar keinen Anlaß zum Einlenken – zu hoch sei der Preis, der mit einer AfD-Besetzung von Schlüsselressorts verbunden wäre.
Für die AfD bleibt damit nur die Zuschauerrolle. Die von ihr nominierte Haushaltspolitikerin Ulrike Schielke-Ziesing dürfte ebenso scheitern wie die übrigen fünf Kandidaten. Ein rein formales Vorschlagsrecht bleibt ihr zwar – doch die politische Realität sieht anders aus.