BERLIN. Die CDU hat dem Kanzlerkandidaten der SPD, Olaf Scholz, am Mittwoch eine „rassistische Entgleisung“ vorgeworfen. Dem Vorwurf war ein Bericht des Focus vorausgegangen. Demnach soll Scholz jüngst bei einem privaten Empfang in Berlin den schwarzen CDU-Politiker und Berliner Kultursenator Joe Chialo als „Hofnarr“ der Christdemokraten bezeichnet haben.
Der Kanzler habe den Christdemokraten zunächst vorgeworfen, in die Nähe des Faschismus zu rücken. Als Chialo dem Vorwurf des Rassismus gegen seine Partei widersprochen und auf seine eigene Mitgliedschaft im CDU-Bundesvorstand verwiesen habe, soll Scholz entgegnet haben, Chialo sei nicht mehr als ein Feigenblatt: „Jede Partei hat ihren Hofnarren.“ Dieses Wort soll Scholz dann noch einmal wiederholt haben.
CDU: „Was ist nur aus Herrn Scholz geworden“
Focus-Chefredakteur Georg Meck, der darüber berichtete, gibt an, selbst bei dem Empfang anwesend gewesen zu sein. Er kommentierte am Mittwoch: „Viel tiefer geht’s nicht mehr im Wahlkampf, viel rassistischer auch nicht.“
Zahlreiche CDU-Politiker griffen den Bericht auf. „Für Bundeskanzler müßte es das mit dieser rassistischen Äußerung ggü. ChialoJoe ja dann gewesen sein“, schrieb CDU-Vize Karin Prien bei X. Der Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries bezeichnete Scholz‘ angebliche Äußerung als „bodenlose Unverschämtheit und rassistische Entgleisung“. Seine „menschliche Unanständigkeit“ mache den Sozialdemokraten unwählbar.
Bin jetzt auf die Reaktion der Medien wirklich gespannt:. @ArminLaschet @CDU ist für ein unangemessenes Lachen medial hingerichtet worden.https://t.co/lWOWFDN1R3
Für @Bundeskanzler müsste es das mit dieser rassistischen Äußerung ggü. @ChialoJoe ja dann gewesen sein.— Karin Prien (@PrienKarin) February 12, 2025
CDU-Bundesschatzmeisterin Julia Klöckner formulierte ebenfalls bei X: „Was ist nur aus Herrn Scholz geworden …“ Tilman Kuban, früherer Chef der Jungen Union und jetziger Bundestagsabgeordneter, warf Scholz vor, sich „zum Abschied als Kanzler“ noch mal „eine Runde Rassismus“ zu gönnen. „Unfaßbar.“ Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, ebenfalls CDU, forderte eine Entschuldigung.
„Da treten Politiker normalerweise zurück“
Auch außerhalb der Union stieß der berichtete Vorfall auf Kritik. „Wenn diese Geschichte so stimmt, dann ist sie unsäglich und zeigt einmal mehr, wie tief Rassismus verankert ist“, merkte die Journalistin Esther Schapira an. Bild-Redakteur Jan Schäfer schrieb: „Nach rassistischen Ausfällen treten Politiker in demokratischen Parteien normalerweise zurück …“
Florian Toncar, FDP-Bundestagsabgeordneter, erklärte süffisant: „Respekt für Dich. Und ganz viel sittliche Reife.“ Damit nahm er zum einen auf einen Wahlkampfspruch von Olaf Scholz und zum anderen auf dessen Vorwurf in Richtung FDP-Chef Christian Lindner Bezug, es an der nötigen sittlichen Reife fürs Regieren missen zu lassen.
Chialo selbst wollte sich laut verschiedenen Medien nicht genauer zu dem Vorgang äußern. Die Bild berichtet jedoch, daß er der Zeitung den Vorgang in der dargestellten Form ausdrücklich bestätigt habe. Scholz wiederum teilte mit, er habe bei einer privaten Geburtstagsfeier im Gespräch mit einem Journalisten darauf hingewiesen, daß sich nur wenige liberale Stimmen in der Union gegen den Kurs von Parteichef Friedrich Merz für eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD geäußert hätten. Der dabei von ihm verwandte Begriff sei „im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert“. Der Rassismus-Vorwurf sei „absurd und künstlich konstruiert“. Chialo schätze er „als eine wichtige liberale Stimme in der Union“.
In einem Gespräch auf einer privaten Geburtstagsfeier zwischen mir und einem Journalisten ging es vor zehn Tagen um das gemeinsame Abstimmungsverhalten von CDU/CSU und AfD im Deutschen Bundestag. Dies habe ich in dem Gespräch als Tabubruch bezeichnet. Des Weiteren ging es um die…
— Olaf Scholz (@OlafScholz) February 12, 2025
(ser)