QUEDLINBURG. Der evangelische Pfarrer Martin Michaelis hat Strafanzeige gegen seine Landeskirche gestellt. Konkret richtet sie sich gegen Oberkirchenrat Michael Lehmann der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Dieser hatte Michaelis die Ausübung seines Amtes als Gemeindepfarrer von Gatersleben bei Quedlinburg untersagt und ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, weil der Geistliche bei der Kommunalwahl in der Domstadt am 9. Juni als Parteiloser auf der Liste der AfD kandidiert hatte.
Pfarrer: Kirche handelt aus ideologischen Gründen
Michaelis, der bei der Wahl das drittbeste Stimmergebnis erzielt hat, wirft seiner Kirche in der Anzeige, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, Wählernötigung nach Paragraph 108 StGB vor. Sie überschreite mit den Maßnahmen gegen ihn ihre Kompetenzen und greife „aus ideologischen Gründen“ in seine demokratischen Grundrechte als Staatsbürger ein.
Über den Fall war seit März wiederholt nicht nur in kirchlichen Medien, sondern überregional vom Spiegel bis zum ZDF berichtet worden.
Neues Gesetz zum Entzug kirchlicher Ehrenämter
In einem ausführlichen Interview mit der JUNGEN FREIHEIT hatte Michaelis das Vorgehen gegen ihn bereits im April als „offenen Rechtsbruch“ gewertet, da das Pfarrgesetz ihm erlaube, bei Kommunalwahlen zu kandidieren. Zudem habe seine Kirche sogar die Pflicht, ihn gegen politisch motivierte Angriffe zu verteidigen.
Zuletzt ist die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz gegen den brandenburgischen AfD-Kommunalpolitiker Henry Preuß vorgegangen und hat ihm sämtliche Ehrenämter entzogen, die Grundlage dafür ist ein neu geschaffenes Kirchengesetz. (mo)