BERLIN. In einem offenen Brief an die EU-Kommission haben Grünenpolitiker die Binnengrenzkontrollen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kritisiert. „Wir wenden uns heute mit Sorgen hinsichtlich der vom Bundesinnenministerium eingeführten stationären Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz an Sie“, zitiert die dpa aus dem Brief von Europa-, Bundes- und Landtagsabgeordneten der Partei an die EU-Kommission und deren Präsidentin Ursula von der Leyen.
Derzeit handele Deutschland, wie sieben weitere EU-Mitgliedsstaaten, nicht im Rahmen des Schengener Grenzkodexes. „Zudem zeigt ein neues Fachgutachten, daß die beabsichtigte Wirkung der Grenzkontrollen und diesbezügliche Erfolgsmeldungen sehr fragwürdig und in vielen Fällen nicht statistisch belegt sind.“
Vielmehr gebe es Hinweise auf Ausweichbewegungen, Mehrfachzählungen und möglicherweise rechtswidrige Zurückweisungen, behaupten die Unterzeichner. Signiert ist der Brief unter anderem von den Europaabgeordneten Anna Cavazzini und Erik Marquardt, den Bundestagsabgeordneten Filiz Polat und Marcel Emmerich sowie der Brandenburger Landtagsabgeordneten Sahra Damus.
Grenzkontrollen zeigten Wirkung
Während der verschärften Grenzkontrollen zur EM zwischen dem 7. Juni und dem 19. Juli wurden insgesamt 1.112 Haftbefehle vollstreckt, 110 gesuchte Personen „mit Bezügen zur politisch-motivierten Kriminalität“ gefaßt, 230 Schleuser festgenommen und ungefähr 8.300 unerlaubte Einreisen registriert. Die Bundespolizei wies „Tausende dieser illegalen Migranten“ zurück, wie das Bundesinnenministerium bilanzierte.
Mit dem Ende der EM entschied Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die Grenzkontrollen einzustellen. Ausgenommen die schon vor der EM bestehenden Kontrollen zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz. Dort werden ebenfalls Tausende an der Einreise gehindert.
Für die temporären Binnengrenzkontrollen zu den Großereignissen der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Spiele drückten die Grünen-Politiker Verständnis aus. Allerdings müsse mit Ende der Veranstaltungen auch ein Ausstieg aus dem Kontrollregime einhergehen. „Für eine rechtskonforme Einhaltung muß die EU-Kommission sorgen“, heißt es in dem Brief.
Polizei und Innenminister der CDU für Grenzkontrollen
Jüngst hatte die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) vor der Einstellung der Grenzkontrollen gewarnt. Die Landesgrenzen nicht mehr zu kontrollieren, sei „nicht vereinbar mit Sicherheitslage in Deutschland und Europa“. Die fehlende Kontrolle an der Grenze zu den Niederlanden sei „angesichts der aktuell eskalierenden Bandenkriminalität durch die gefürchtete ‘Mocro-Mafia‘ brandgefährlich“.
Ähnliche Forderungen kamen von mehreren Innenministern der CDU. „Ein Ende der Kontrollen würde zu einem sofortigen Verlust an Sicherheit führen. Deshalb müssen wir an den Kontrollen festhalten“, sagte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Dem schlossen sich die Innenminister von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, Thomas Strobl und Herbert Reul, an.
Kritik an stationären Grenzkontrollen äußerte hingegen die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Dies sei bereits aus personellen Gründen nicht zu leisten. „Hierzu fehlen sowohl Personal als auch die Sachausstattung“, sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf. (sv)