PIRNA. Die Wahl des von der AfD nominierten Kandidaten Tim Lochner zum Oberbürgermeister von Pirna hat ein geteiltes Echo ausgelöst. Während Parteispitze, -mitglieder und -anhänger in den sozialen Netzwerken über den Sieg jubeln, sind politische Gegner entsetzt.
Der 53jährige war am Sonntag mit 38,5 Prozent zum ersten OB Deutschlands, den die AfD stellt, gewählt worden. Er schlug mit mehr als sieben Prozentpunkten Vorsprung die CDU-Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth (31,4 Prozent), die auch von SPD, Grünen und Linken unterstützt wurde. Knapp dahinter landete der Bewerber der Freien Wähler, Ralf Thiele (30,1 Prozent).
Der CDU-Europaabgeordneter Dennis Radtke mahnte, bei „Siegen der AfD darf sich niemals das Gefühl von Routine oder Gleichgültigkeit einstellen“. Denn diese sei „keine normale Partei“. Der Politiker sieht „die Wahlen in den nächsten zwei Jahren“ als „ein Endspiel für unsere Demokratie und Parteiensystem“.
Sachsens Innenminister: Wahlergebnis respektieren
Gelassener reagierte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU): Er, der durch den Verfassungsschutz die AfD vor ein paar Tagen als „gesichert rechtsextrem“ hatte einordnen lassen, betonte: „Gegen zwei respektable Mitbewerber legte der AfD-Kandidat im zweiten Wahlgang nochmals zu. Diesen Wählerwillen aus Pirna gilt es zu respektieren.“
Die #AfD hat die OB-Wahl in #Pirna gewonnen. Gegen zwei respektable Mitbewerber legte der AfD-Kandidat im 2. Wahlgang nochmals zu. Diesen Wählerwillen aus Pirna gilt es zu respektieren. Genauso die Entscheidung der Mitbewerber, im 2. Wahlgang wieder anzutreten…/2
— Armin Schuster (@armin_schuster) December 17, 2023
Gleichzeitig versuchte der Landesminister das Wahlergebnis kleinzureden: „In einer der Hochburgen Sachsens ist ein Ergebnis unter 40 Prozent kein grandioser AfD-Erfolg. Entscheidend seien die knapp 50 Prozent Nichtwähler: „Da sind die Reserven.“ Die Wahlbeteiligung hatte bei 53,8 Prozent gelegen. Bei Oberbürgermeister-Wahlen gilt eine solche Quote allerdings als relativ hoch. Zum Vergleich: Die Beteiligung bei der Landtagswahl 2019 in Sachsen lag bei 66,5 Prozent.
Grüne „bestürzt“ über Pirna-Wahl
Die sächsischen Grünen zeigten sich „bestürzt“: „Wir stehen fest an der Seite der demokratischen Kräfte in Pirna und der Region“, twitterte die Partei. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh prognostizierte: „Leiden wird die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft, Geflüchtete, der Wohlstand und das Image der Stadt. Ich bin entsetzt.“
Der niedersächsische Landtagsabgeordneter der Grünen, Michael Lühmann, sagte über Pirna, die Stadt sei „schon Nazihochburg“ gewesen, „da haben Kohl noch regiert & Biedenkopf“. Er sieht eine „Normalität von Faschismus, daß man es gewähren ließ“ – und meint damit Lochners Wahl.
Seinem Zorn ließ der Wettermann Jörg Kachelmann freien Lauf: „Man muß sich schon einig sein gegen das faschistoide Pack. Alles andere reicht nicht mehr.“ Mit Bezug auf das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Dresden, schrieb er: „Man muß schon ein ganz besonders ethnisch fest verdrahtetes Gen der Bescheuerung haben, um denselben Fehler immer und immer wieder zu machen.“
Man muss schon ein ganz besonders ethnisch fest verdrahtetes Gen der Bescheuerung haben, um denselben Fehler immer und immer wieder zu machen.#Pirna pic.twitter.com/9d5iUr2N7z
— Jörg @kachelmann anderswo: @realkachelmann (@Kachelmann) December 17, 2023
Chebli: „Katastrophe, aus der wir lernen müssen“
Als „Katastrophe“ bezeichnete die SPD-Politikerin Sawsan Chebli das Wahlergebnis. Daraus müsse man „endlich lernen“. Denn: „Demokratische Parteien haben zu wenig getan, um das zu verhindern.“ Vielleicht brauchte es diese Katastrophe, um endlich zu lernen.
Auch die Bundestagsabgeordnete der Linken, Clara Anne Bünger, forderte „alle demokratischen Parteien“ auf, „nun gemeinsam zu agieren“. Die Zivilgesellschaft in Pirna brauche Unterstützung.
AfD: Nächste Jahr stellen wir Ministerpräsidenten
Ganz anders sieht das der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion in Brandenburg, Dennis Hohloch. Er meinte, man müsse „nur noch durchhalten bis September 24, dann werden wir mit dem ersten Ministerpräsidenten beginnen, der illegalen Massenmigration einen Riegel vorzuschieben“. (fh)