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Migrationsgipfel im Kanzleramt: So wollen Bund und Länder mit der Asylkrise umgehen

Migrationsgipfel im Kanzleramt: So wollen Bund und Länder mit der Asylkrise umgehen

Migrationsgipfel im Kanzleramt: So wollen Bund und Länder mit der Asylkrise umgehen

Auf dem Foto befindet sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit zwei Ministerpräsidenten der Bundesländer. Bund und Länder einigten sich während der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag auf Asylreformen. (Themenbild)
Auf dem Foto befindet sich Bundeskanzler Olaf Scholz mit zwei Ministerpräsidenten der Bundesländer. Bund und Länder einigten sich während der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag auf Asylreformen. (Themenbild)
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, 2. v. l.), Hessens Landeschef Boris Rhein (CDU, 1. v. l.) und sein niedersächsischer Pendant Stephan Weil (SPD, 3. v. l.): Teilnehmer einer Ministerpräsidentenkonferenz über Migration. Foto: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
Migrationsgipfel im Kanzleramt
 

So wollen Bund und Länder mit der Asylkrise umgehen

Nach monatelangem Ringen einigen sich die Ampel und die Bundesländer auf Asylreformen. Die Länderchefs bekommen mehr Geld als geplant, Asylbewerber dagegen künftig weniger Bargeld. Vieles ist bereits bekannt.
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BERLIN. Bund und Länder haben sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin auf einen Kompromiß bei den Asylreformen geeinigt. In einem fünfzehnseitigen Papier, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, schlugen die Teilnehmer nach eigenen Angaben „klare und zielgerichtete“ Maßnahmen vor, um gegen eine „Überforderung“ der Länder und Kommunen vorzugehen.

An vielen Stellen des Dokuments sprachen die Unterzeichner davon, Kapazitäten zu erhöhen. Um die Rahmenbedingungen für das geplante Abschiebegesetz zu schaffen, verpflichteten sich die Länder, die Haft- und Gewahrsamsmöglichkeiten zu überprüfen sowie bei Bedarf auszuweiten. Analog dazu soll Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seine Personalkapazitäten erweitern. Hinzu kommen baurechtliche Erleichterungen bei der Entstehung neuer Asylbewerberunterkünfte.

Neu ist, daß Erstantragsanhörungen künftig in den Asyl-Heimen stattfinden sollen. Maximal vier Wochen nach der Antragstellung müsse es einen Termin geben. Für Asylsuchende aus Staaten, für die die Anerkennungsquote unter fünf Prozent liegt, seien zudem beschleunigte Verfahren geplant. Als Zielmarke der Dauer gelten drei Monate. Entsprechende Regelverfahren sollen künftig möglichst ein halbes Jahr dauern. Derzeit dauern die Prozesse in einigen Behörden mehr als drei Jahre. Zunächst werde die Bundesregierung jedoch prüfen, ob dafür neue Gesetze oder Verordnungen notwendig sind.

Weiterhin viele Hintertüren

Zur Steuerung von Migration kündigten die Ampelkoalition und die Ministerpräsidenten an, eine Kommission „unter Einbeziehung von gesellschaftlichen Gruppen“ einzurichten. Wer dazu gehören könnte, steht nicht im Beschluß. Doch laut der dpa soll es sich um ein „breites gesellschaftliches Bündnis“ von Kirchen, Gewerkschaftlern, Wissenschaftlern und NGOs, die Asylbewerber vertreten, handeln. Die Presseagentur beruft sich dabei auf Teilnehmerkreise aus dem Bund und den Ländern.

Darüber hinaus haben Ministerpräsidenten und das Kanzleramt vor, Anstrengungen zu verstärken, um irreguläre Migranten auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Die Politiker wollen bei den Unternehmen dafür werben, vermehrt auch Asylbewerber mit „nur grundständigen Deutschkenntnissen“ mit Stellen zu versorgen. Die Länderchefs forderten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „dringend“ dazu auf, die bestehenden rechtlichen Einschränkungen zur Arbeitsaufnahme für Asylbewerber „mit Bleibeperspektive“ zu beseitigen sowie mehr Mittel für Integrations- und Sprachkurse bereitzustellen.

Entlastungen für Länder und Kommunen geplant

Die Landesregierungen sollen ab 2024 eine jährliche Pauschale von 7.500 Euro pro Asyl-Erstantragsteller bekommen, während der Bund ursprünglich 5.000 Euro vorgesehen hatte. Die Länder hatten bis zu 12.000 Euro gefordert.

Geplant seien 3,5 Milliarden Euro Entlastung für Länder und Kommunen. Dies soll nicht nur durch Transfers aus dem Bund, sondern auch durch geplante Ersparnisse bei Asylleistungen geschehen. Dazu gehören Einschränkungen bei Empfängern in den Unterkünften, die Verlängerung des eingeschränkten Leistungsbezugs von 18 auf 36 Monate und die Einführung einer digitalen Bezahlkarte als Ersatz für Barleistungen.

Bereits bis Ende Januar planen Bund und Länder, ein Modell dafür zu entwickeln. Ganzheitliche Umstellung auf Sach- und Kartenleistungen soll jedoch nicht erfolgen, denn sowohl Bundeskanzler Scholz, als auch Ministerpräsidenten „halten weiter fest, daß es notwendige Ausgaben geben kann“, die nur bar bezahlt werden können.

Die Welt soll es richten

Einen großen Teil des Beschlusses bilden Forderungen, die auf internationaler Ebene durchsetzbar wären. Auf der EU-Ebene sollen die beschlossenen Reformen des gemeinsamen Asylsystems beschleunigt und das Engagement Deutschlands im Rahmen der FRONTEX-Grenzschutzbehörde ausgeweitet werden. Bund und Länder einigten sich außerdem, am EU-Türkei-Abkommen festzuhalten.

Einen wichtigen Punkt im Papier stellen bilaterale Verträge zwischen der Bundesrepublik und den Herkunftsländern irregulärer Migranten dar. Geplant sei, den Staatsbürgern der betroffenen Staaten „verbesserte Möglichkeiten zur regulären Arbeitsmigration“ als Gegenleistung für die Aufnahme abgelehnter Asylsuchender zu akzeptieren. (kuk)

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, 2. v. l.), Hessens Landeschef Boris Rhein (CDU, 1. v. l.) und sein niedersächsischer Pendant Stephan Weil (SPD, 3. v. l.): Teilnehmer einer Ministerpräsidentenkonferenz über Migration. Foto: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka
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