KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht hat die von der Großen Koalition 2018 beschlossene Anhebung der Parteienfinanzierung kassiert. Die Erhöhung der Obergrenze um 25 Millionen auf 190 Millionen Euro verstoße „gegen den Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien“.
Der Gesetzgeber, hier die Mehrheit aus Union und SPD, habe „nicht ausreichend dargelegt“, daß der zusätzliche, aus eigenen Mitteln nicht aufzubringende Finanzbedarf der Parteien, eine Anhebung der Obergrenze erfordert habe. Damit gaben die Karlsruher Richter einer Klage der Bundestagsfraktionen von FDP, Grünen und der Linkspartei statt.
Parteien brauchen auch wirtschaftliche Zustimmung der Bürger
„Der Staat darf den Parteien nicht mehr zuwenden, als sie unter Beachtung des Gebots sparsamer Verwendung öffentlicher Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen“, urteilte das Gericht. Die Parteien müßten nicht nur politisch, „sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen bleiben“.
Nur wenn der Mehrbedarf der Parteien auch gut begründet sei, könne der Eindruck vermieden werden, daß es eine „Selbstbedienung der Parteien aus öffentlichen Kassen“ gebe. Mit Blick auf die Privilegierung der Parteien im Grundgesetz als Mittler der politischen Willensbildung stellte das höchste Gericht fest, „daß im Volk ein ausreichendes Vertrauen in ihre Unabhängigkeit von staatlicher Einflußnahme“ bestehen müsse. „Dieses Vertrauen wäre beeinträchtigt, wenn die Parteien zur Deckung ihres Finanzbedarfs uneingeschränkt auf staatliche Mittel zurückgreifen könnten.“
Im Eilverfahren durchs Parlament
Das Verfassungsgericht monierte zudem, daß die Regierungskoalition das Gesetz im Eilverfahren durch das Parlament gepeitscht hatte. „Sachgründe für die besonders beschleunigte Beratung des Entwurfs sind weder vorgetragen noch ersichtlich“, urteilten die Richter. Es sei nicht ausgeschlossen, daß die kurze Beratungszeit von lediglich zehn Tagen die Abgeordneten in ihren Rechten verletzt hätte.
Die Richter erkannten die Notwendigkeit der Parteienfinanzierung jedoch grundsätzlich an. Auch sei es durchaus möglich, daß die Parteien angesichts neuer Herausforderungen wie etwa der Digitalisierung mehr Geld benötigten. Dies müsse jedoch besser begründet werden.
Jeder Euro muß gegenfinanziert werden
Parteien steht in Deutschland grundsätzlich eine staatliche Teilfinanzierung zu, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Etwa wenn sie bei Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent oder bei Landtagswahlen ein Prozent erhalten. Dann bekommen sie pro Stimme einen Grundbetrag. Dabei gilt: Jeder eingenommene Euro wird mit einem Euro aus der Staatskasse belohnt. Die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung darf bei einer Partei deren jährlich selbst erwirtschaftete Einnahmen nicht überschreiten.
Welche konkreten Folgen das Urteil für die seit 2018 ausgezahlten Finanzmittel hat, ist derzeit noch unklar. (ho)