BERLIN. Der ehemalige christdemokratische Ministerpräsident des Saarlandes, Tobias Hans, hat die Kanzlertauglichkeit des CDU-Parteichefs Friedrich Merz in Frage gestellt. „Mittlerweile muß man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, daß ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft“, sagte Hans am Dienstag im Gespräch mit dem Stern.
Die CDU-Spitze habe es versäumt, sich deutlich von der AfD abzugrenzen. Bei seinem Amtsantritt habe Merz noch die Losung ausgegeben, die AfD zu halbieren. Diese habe sich mittlerweile aber „locker verdoppelt“. Auch die jüngsten Äußerungen von Merz, denen zufolge die CDU eine „Alternative für Deutschland mit Substanz“ sei, deren hauptsächlicher Gegner die Grünen seien, griff Hans scharf an.
CO2-Einsprarungen und Elektromobilität gegen die AfD
„Das ist der Abschied vom Kurs der Mitte, mit dem die CDU fast 20 Jahre erfolgreich regiert hat“, warnte der heute als Berater tätige 45jährige. Er bezeichnete die Einlassungen seines Parteichefs als Versuch, „einen neuen Sound in der CDU zu etablieren“. Dabei müsse sich die CDU in der „Mitte der Gesellschaft“ verorten und Partner derjenigen sein, die sich für ein „modernes Deutschland“ einsetzten.
„Wir brauchen mehr CO2-Einsparungen, mehr Elektromobilität, neue Technologien“, mahnte Hans an. Alle großen CDU-Politiker – von Konrad Adenauer über Helmut Kohl bis Angela Merkel – hätten es sich zum Ziel gesetzt, an der „Spitze des Fortschritts“ zu stehen und gleichzeitig konservative Werte hochzuhalten.
Tobias Hans (CDU): „Bald sind wir Juniorpartner der AfD“
Die CDU brauche keinen neuen Beschluß zum Verhältnis der AfD gegenüber. Merz müsse sich vielmehr an die bestehenden Vereinbarungen halten: „keine Zusammenarbeit mit Extremisten, weder von rechts noch von links!“
Der CDU-Chef hingegen habe in der Vergangenheit suggeriert, es könnten Kompromisse zwischen CDU und AfD gefunden werden. „Es kann doch nicht sein, daß wir – weil es gerade so schön ist – mal eben eine Mehrheit mit der AfD zimmern. Im nächsten Schritt finden wir uns als Juniorpartner der AfD wieder“, prophezeite Hans.
Merz bleibt dabei: CDU ist eine „Alternative für Deutschland“
In dem am Montag veröffentlichten „Sommerinterview“ des ZDF hatte sich Merz dafür ausgesprochen, auf kommunaler Ebene mit der AfD zusammenzuarbeiten. Mit Blick auf Wahlsiege der Partei in Thüringen und Sachsen-Anhalt betonte er: „Wir sind selbstverständlich verpflichtet, das Ergebnis demokratischer Wahlen zu akzeptieren.“
Natürlich müsse nun in den kommunalen Parlamenten nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam Städte und Landkreise gestaltet. In dem Gespräch wiederholte Merz auch, daß er seine Partei als eine „Alternative für Deutschland“ sehe.
Nach breiter Kritik aus Partei: Merz rudert zurück
Hans hatte auf das Video mit einem Tweet reagiert, in dem er die Aussagen von Merz als „unerträglich“ bezeichnete. Diese könnten so nicht stehen bleiben. „Das ist die schleichende Verwässerung von Parteitagsbeschlüssen nach Wahlerfolgen der extremen Rechten“, äußerte Hans in dem Kurznachrichtendienst. Er schob hinterher: „Wehret den Anfängen!“
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Mehr InformationenAuch andere CDU-Parteigrößen haben unterdessen Kritik an dem Auftritt ihres Vorsitzenden geübt. So hatte sich beispielsweise die Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU) via Twitter klar von einer Kooperation mit der AfD distanziert. „Keine Zusammenarbeit mit der AfD heißt: keine Zusammenarbeit mit der AfD. Auf keiner Ebene. Ganz einfach. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht“, konstatierte sie.
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Mehr InformationenAuch der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen (CDU) grenzte sich von seinem Parteichef ab. „Mit einer solchen Partei kann es auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit geben“, unterstrich der Parlamentarier mit Blick auf die AfD.
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Mehr InformationenMerz hatte daraufhin seine Aussagen zur Zusammenarbeit mit der AfD teilweise zurückgenommen. „Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben“, twitterte er.
CDU-Granden verteidigen ihren Vorsitzenden
Mittlerweile haben sich aber auch Stimmen in der CDU erhoben, die ihren Parteichef in Schutz nahmen. „Friedrich Merz ist aus meiner Sicht nicht beschädigt. Ich würde sagen, hier haben viele Mißverständnisse und Fehlinterpretationen eine Rolle gespielt“, erläuterte etwa Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) im „Tagesthemen“-Interview der ARD.
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Mehr InformationenDer Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel (CDU), wiederum monierte, er verstehe die Lust daran nicht, Merz absichtlich falsch zu verstehen. (fw)