HAMBURG. Der Anschlag im Regionalzug von Kiel nach Hamburg ist für die Behörden offenbar nicht überraschend gekommen. Denn wenige Monate vor seiner Haftentlassung verglich sich der spätere Täter Ibrahim A. gegenüber Gefängnismintarbeitern mit dem islamistisch motivierten Attentäter vom Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri. 2016 hatte dieser dort 13 Menschen getötet und 67 verletzt. Dies wirft die Frage auf, ob das Massaker von Brokstedt ein islamistischer Terroranschlag gewesen sein könnte.
Die unverblümte Drohung wurde sogar aktenkundig. Demnach hat der Palästinenser gesagt: „Es gibt nicht nur einen Anis Amri, es gibt mehrere, ich bin auch einer.“ Das räumte die von der grünen Senatorin Anna Gallina geführte Justizbehörde nun auf Anfrage der dpa ein. Die Äußerung fiel demnach im August 2022 und sei in einem „Wahrnehmungsbogen“ in der Gefangenenpersonalakte des späteren Täters von Brokstedt festgehalten worden.
Brokstedt-Attentäter stößt weitere Drohungen aus
Dennoch wurde A. fünf Monate später aus der U-Haft entlassen, in der der 33jährige bereits wegen eines Messerangriffs einsaß. Sechs Tage danach machte der Migrant, der 2015 seinen Asylantrag in Deutschland gestellt hatte, seine Ankündigung wahr und ging wahllos mit einem Messer auf Fahrgäste des Regionalzuges los. Zwei Menschen starben, fünf weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Ein Psychiater hatte A. kurz vor der Freilassung sogar für ungefährlich gehalten.
Laut Hamburger Justizbehörde war dies nicht die einzige Drohung, die Ibrahim A. in seiner Haftzeit ausstieß. Außerdem habe er gesagt: „Großes Auto, Berlin, das ist die Wahrheit.“ Auch diese Äußerung steht offenbar im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, die für A. ein Vorbild gewesen sein könnte. Darüber hinaus habe er einen Justizbediensteten zwei Mal gefragt, ob dieser auch „unter die Reifen“ wolle.
Dennoch betont die Hamburger Justizverwaltung, daß abgesehen von diesen Vorfällen „keinerlei Äußerungen dokumentiert seien, die einen extremistischen Bezug nahelegen könnten“. Auch sein übriges Vollzugsverhalten sei insoweit unauffällig gewesen. Ibrahim A. war vor dem Anschlag von Brokstedt bereits mehr als 20 Mal polizeilich in Erscheinung getreten, darunter mit Messerattacken und schweren Körperverletzungen. (fh)