BRAUNSCHWEIG. Das Amtsgericht Braunschweig hat die Strafverfahren gegen den früheren Leiter der Braunschweiger Landesaufnahmebehörde für Asylbewerber (LAB) sowie seine Stellvertreterin mit der Auflage einer Geldzahlung vorläufig eingestellt. Beide müssen nun jeweils 3.000 Euro zahlen, teilte die Staatsanwaltschaft mit, die einer Einstellung unter diesen Bedingungen zugestimmt hatte.
Den Beschuldigten war vorgeworfen worden, auf dem Höhepunkt der Asylkrise Mehrfachregistrierungen von Asylbewerbern mit sogenannten Aliaspersonalien nicht unterbunden zu haben, obwohl es entsprechende Hinweise aus dem Kreis der Behördenmitarbeiter gegeben hatte.
Dadurch sei nicht ausgeschlossen, daß den betroffenen Kommunen infolge von zu Unrecht mehrfach beantragten Asylleistungen über mehrere Monate hinweg ein erheblicher Schaden entstanden ist, heißt es in der Mitteilung der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Allerdings konnte „den Angeklagten eine hinreichend belegbare Verantwortlichkeit nur für einen Tatzeitraum von einem Monat zur Last gelegt werden“. Die in diesem relativ kurzen Zeitraum nachweisbar unberechtigterweise ausgezahlten Leistungen beliefen sich auf insgesamt 6.000 Euro.
Schaden für die Steuerzahler wiedergutgemacht
Mit der nun erteilten Auflage, diese Summe als Schadenswiedergutmachung an die niedersächsische Landeskasse zu zahlen, sei das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt, teilte die Ermittlungsbehörde mit. Diese Vorgehensweise sei auch mit Blick auf die Gesamtdauer des Strafverfahrens angebracht.
Denn Ermittlungen und Verfahren hatten sich über mehr als vier Jahre hingezogen. Im vergangenen Jahr hatte die Staatsanwaltschaft schließlich beim Amtsgericht zwei Strafbefehle in Höhe von 10.800 beziehungsweise 9.000 Euro beantragt. Der Vorwurf: Beihilfe zum Betrug durch Unterlassen, versuchte Strafvereitelung und Verleitung von Untergebenen zu einer Straftat.
Mitarbeiterin hatte Mißstände aufgedeckt
Ende vergangenen Jahres hatte das Amtsgericht Braunschweig die beantragten Strafbefehle abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft wiederum legte Beschwerde ein, und das Landgericht kam nach Prüfung zum Ergebnis: Ein „hinreichender Tatverdacht besteht sowohl beim ehemaligen LAB-Leiter wegen Beihilfe zum Betrug und Verleiten eines Untergebenen zu einer Straftat als auch bei seiner Stellvertreterin wegen Beihilfe zum Betrug“. Das Verfahren wurde an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Ins Rollen gebracht hatte das ganze Verfahren eine aufmerksame frühere Mitarbeiterin der Landesaufnahmebehörde. Nachdem sie mit ihrem Verdacht, Asylbewerber bezögen zu Unrecht mehrfach staatliche Leistungen, bei ihren Vorgesetzen nicht weiterkam, hatte sie acht Ordner mit Verdachtsfällen zusammengetragen und sich 2016 an die Polizei gewandt.
Für ihre Zivilcourage wurde die Whistleblowerin von den Lesern der Braunschweiger Zeitung 2017 zur „Braunschweigerin des Jahres“ gewählt. (vo)