Das Thema Gendern strapaziert das ohnehin gespannte Band zwischen den CDU-Oberen und der Basis immer weiter. Gleich mehrere Umfragen belegen klar, daß die Mehrheit der Unionswähler Gendersternchen, Binnen-I und Co. ablehnt und als störend empfindet. Immer wieder versuchen deshalb vereinzelte CDU-Politiker, diese Stimmung aufzugreifen, in den Medien zu platzieren und die Seele der Basis zu streicheln.
Nun hat Anfang der Woche die als konservativ geltende CDU-Landtagsfraktion in Sachsen ein Ende des Gendersprechs in der öffentlichen Verwaltung, in der Justiz, im Bildungssystem und in öffentlich-rechtlichen Medien gefordert. In einem zehn Punkte umfassenden Positionspapier bezeichnete sie die deutsche Sprache als „wesentlichen Pfeiler unserer Demokratie und unabdingbaren Bestandteil unserer kulturellen Identität“, sie zu pflegen und zu erhalten, „ist uns deshalb eine Verpflichtung“.
AfD: CDU-Kritik ist reines Lippenbekenntnis
Diese Verpflichtung gab die CDU-Fraktion zwei Tage später scheinbar wie einen Mantel an der Garderobe beim Betreten des Landtags ab. Die AfD hatte für den gestrigen Mittwoch einen Antrag mit dem Titel „Anwendung der sogenannten geschlechtergerechten Sprache in der behördlichen und ministerialen Kommunikation unterbinden“ eingebracht. Darin forderte die Oppositionspartei die Staatsregierung auf, die vermeintlich geschlechtergerechte Sprache in Ministerien, Verwaltung und anderen Behörden zu untersagen.
Der AfD-Antrag forderte also genau das, was die CDU-Fraktion zwei Tage vorher beschlossen hatte. Dennoch stimmten die Schwarzen mit Nein. Den kulturpolitischen Sprecher der AfD-Fraktion, Thomas Kirste, überrascht das nicht. „Aktuell behaupten besonders Politiker der Union gerne, sie wären gegen die Anwendung von Gender-Schreibweisen. Ein reines Lippenbekenntnis! Denn selbst in CDU-geführten Ministerien im Freistaat Sachsen wird ja längst ‘gegendert’“, sagte der AfD-Politiker der JUNGEN FREIHEIT. Dabei sei der Gendersprech ein politisches Mittel, „um eine bestimmte Ideologie umzusetzen. Begriffe werden sexualisiert. Natürliche Unterschiede werden aufgehoben – mit fatalen Folgen für Mensch und Gesellschaft.“
Ein Sprecher der CDU-Fraktion erklärte auf Nachfrage der JF, man habe den AfD-Antrag abgelehnt, „da er aus unserer Sicht mit Blick auf unser und das Regierungshandeln nicht notwendig ist“. Maßgeblich sei hingegen der Koalitionsvertrag. Dort sei vereinbart: „In der gemeinsamen Regierungsarbeit verwenden wir eine sprachliche Ausdrucksweise, die die Geschlechter gleichberechtigt sichtbar macht, ohne dabei die Verständlichkeit von Veröffentlichungen und Rechtsvorschriften zu beeinträchtigen.“
Nicht das erste Mal
Für Gegner des zunehmenden Genderns dürfte das allerdings wie eine Ausrede und ein inhaltsloses Zurückziehen auf Formalien klingen. Dafür spricht, daß die CDU auch woanders bei dem Thema laviert. Wiederum die AfD hatte Mitte Juni im hessischen Landtag in einem Antrag mit dem Titel „Gegen Gender-Zwang – für die deutsche Grammatik“ ein Verbot von grammatikalisch falscher Gendersprache unter anderem an Hochschulen gefordert. Die CDU-Fraktion lehnte das Ansinnen der AfD allerdings ab. Und das obwohl der Antrag in weiten Teilen sehr ähnlich bis wortgleich zu einer Eingabe der Hamburger CDU mit dem Titel „Für die deutsche Grammatik, gegen Gender-Zwang“ war.
Bereits in der Einwanderungspolitik ist die CDU zu einem Sinnbild für die „Rechts blinken und links abbiegen“-Politik geworden. Der Kampf um die deutsche Sprache könnte hierbei das nächste Feld werden, auf dem die Partei im negativen Sinne brilliert.