BERLIN. Das Corona-Kabinett der Bundesregierung hat sich auf eine Streichung der 50er-Inzidenz aus dem Infektionsschutzgesetz verständigt. Damit übernahm das Gremium die Forderungen von Ministern der Großen Koalition, berichtete die Bild-Zeitung. „Wir brauchen diese Inzidenzzahl nicht. Sie ist in einer Zeit entstanden, als wir noch ganz andere Zahlen hatten, als wir noch nicht ausreichend Impfstoff hatten. Deswegen brauchen wir diese Zahl nicht“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dem Blatt.
Zur Beurteilung der Corona-Lage solle stattdessen die Impfquote und die Belastung des Gesundheitswesens herangezogen werden. Außerdem schloß die Sozialdemokratin erneute Schulschließungen wegen der Pandemie aus. „Wir müssen dafür sorgen, daß die Kinder in die Schule gehen können, der Bildungsauftrag erfüllt wird und vor allen Dingen die Eltern nicht wieder an den Rande des Wahnsinns getrieben werden, wenn sie nicht wissen: Schule auf, Schule zu.“
Spahn ist auch gegen 50er-Inzidenz
Lambrecht kündigte an, daß es auch in anderen Bereichen keinen Lockdown mehr geben werde. Denn es wäre unverhältnismäßig, „all diejenigen, die sich haben impfen lassen, die entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen haben, die jetzt wieder einzuschränken“.
Zuvor hatte bereits Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geäußert, die 50er-Inzidenmarke abzuschaffen. Diese Grenze habe für eine ungeimpfte Bevölkerung gegolten, sagte er im ZDF-„Morgenmagazin“. Noch im Frühjahr wollte Spahn Lockerungen im Sommer von einer 20er-Inzidenz abhängig machen.
In der Vergangenheit hatte es wiederholt Kritik am Festhalten von Inzidenzwerten bei der Bewertung der Corona-Lage gegeben. So hatte der Epidemiologe und frühere Mitarbeiter der UN-Weltgesundheitsorganisation, Klaus Stöhr, erklärt: „Mathematisch ist die Berechnung richtig, für die Seuchenbekämpfung ist sie aber nicht relevant.“ Doch selbst wenn die gemeldete Inzidenz steige, „sinkt das Infektionsrisiko mit der Impfquote“. (ag)