FÜRTH. Für seine Äußerungen zur Armutszuwanderung aus Osteuropa hat Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) scharfe Kritik einstecken müssen. Jung hatte bei einem gemeinsamen Auftritt mit SPD-Parteichefin Andrea Nahles in der mittelfränkischen Stadt die „gezielte Armutszuwanderung“ aus Rumänien und Bulgarien beklagt, die mit einer „Ausbeutung der deutschen Sozialsysteme“ einhergehe.
In Fürth häuften sich zudem Beschwerden von Bürgern über Familien aus den beiden Ostbalkanstaaten, die in heruntergekommenen Häusern lebten und ihre Kinder noch nachts auf der Straße spielen ließen. Der bayerische Landeschef des Verbands Deutscher Sinti und Roma, Erich Schneeberger, zeigte sich ob der Äußerungen „tief besorgt“. Sein Vorwurf an Jung: „Durch die gezielte, an der Abstammung festgemachte Kennzeichnung machen Sie die Angehörigen der Minderheit zur alleinigen Ursache der von Ihnen angesprochenen Probleme.“
Jung gegen Freizügigkeit mit Bulgarien und Rumänien
Sinti und Roma würden so zum „Sündenbock“, was die Gefahr weiterer Stigmatisierung, „schlimmstenfalls sogar von Gewalt“ berge. Auch die Fürther Linkspartei warf Jung Stigmatisierung vor. „Statt diese Probleme anzugehen, bedient sich Jung des Stigmas der lärmenden Sinti und Roma und schürt Mißtrauen gegenüber osteuropäischen Zuwanderern“, kritisierte der örtliche Stimmkreiskandidat der Partei für die Landtagswahl im Oktober, Niklas Haupt. Er ergänzte: „Ich finde das billig, und es verschärft die Spaltung der Stadtgesellschaft.“
In einem Interview hatte Jung noch einmal nachgelegt. „Wir müssen erkennen, daß eine völlige Freizügigkeit auch innerhalb der EU überzogen ist“, sagte er dem Fernsehsender ntv. Wenn das deutsche Kindergeld höher sei als der Mindestlohn in einem anderen Land, dann sei der Anreiz für eine fünfköpfige Familie groß, nach Deutschland zu kommen. „Diese Art der Zuwanderung muß unterbunden werden“, forderte er.
Zuletzt hatte Jungs Duisburger Amtskollege und Parteifreund Sören Link mit Aussagen zur Zuwanderung aus Osteuropa für Empörung gesorgt. Neben dem Vorwurf, Schlepper würden gezielt Zigeuner nach Duisburg bringen, wo diese sich nur anmeldeten, um Kindergeld zu beziehen, hatte Link ihnen auch vorgeworfen, durch ihren Lebensstil Ungeziefer anzuziehen. „Ich muß mich hier mit Menschen beschäftigen, die ganze Straßenzüge vermüllen und das Rattenproblem verschärfen“, hatte der Oberbürgermeister der Nachrichtenagentur dpa gesagt.
Güler: So spricht man nicht über Menschen
Dafür hagelte es nicht nur Kritik vom Zentralrat der Sinti und Roma und der Duisburger Linkspartei, sondern mittlerweile auch aus den Reihen der CDU. Bundesvorstandsmitglied Serap Güler sprach auf Twitter von einer „Verrohung der Sprache“, die nicht nur ein Problem der anderen sei, „sondern auch der Demokraten“. Ihr Fazit: „So spricht man nicht über Menschen.“ (tb)