LUZERN. Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin glaubt an ein Wählerpotential für die AfD von 30 Prozent. Dies könnte sie aber nur dann ausschöpfen, „wenn sie keine rechtsradikalen Elemente hätte“, sagte Sarrazin der Luzerner Zeitung. Zudem hätten die Wahlanalysen gezeigt, „daß 50 Prozent der Bürger die Themen für wichtig halten, welche die AfD nach vorne stellt“.
Für das deutsche Parteiensystem sieht Sarrazin durch den AfD-Erfolg langfristige Folgen. „Die rechte Mitte mit CDU und FDP hat ihre strukturelle Mehrheitsfähigkeit verloren, wenn sich die AfD um die 15 Prozent einpendelt.“ Dennoch ist der mehrfache Buchautor hinsichtlich der Bildung einer neuen Regierungskoalition aus Union, FDP und Grünen optimistisch: „Ein schwieriges, ein sehr schwieriges Unterfangen. Weil niemand Neuwahlen will, wird man sich aber wohl trotzdem dazu durchringen.“
„Ideologische Leerformeln“
Einen der Hauptgründe für das Wahlergebnis sieht Sarrazin in der Asylpolitik: „Bald schon wird Deutschland jährlich 50 Milliarden für Flüchtlinge und ihren Familiennachzug ausgeben. Der kleine Mann weiß: Diese Gelder müssen irgendwo herkommen.“
Zudem gebe es Sorgen vor einer steigenden Verbrechensrate durch mehrheitlich muslimische Einwanderer: „Im Berliner Jugendknast sind mittlerweile 80 Prozent der Essensausgaben halal, also moslemisch. Das sagt alles über die relative Kriminalitätsverteilung.“
Der frühere SPD-Politiker warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, „sich in ideologische Leerformeln“ zu flüchten. In Ermangelung echter wirtschaftlicher Probleme empfiehlt er der Kanzlerin, sich „wichtigen Dingen zu widmen wie etwa der Demographie, der Art der Einwanderung, der kulturellen Überfremdung“. (tb)