HAMBURG. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hat ihre Parteimitglieder zu mehr Klartext aufgefordert. Sie sollten „öfter den Mut zu Drei-Wort-Sätzen“ haben, sagte sie dem Stern. „Nicht jede Zuspitzung ist gleich Populismus.“ Daher sollten Grüne raus auf die Straße, auf Dorffeste und Familienfeiern und mit jenen sprechen, „die man sonst nicht sieht“.
Nicht alle Leute „bilden sich ihre Ängste nur ein“, räumte die Grünen-Politikerin ein. „Es gibt Menschen, die fühlen sich nicht nur abgehängt, die sind es auch.“ So seien in den vergangenen Jahren „einige wenige obszön reich geworden“, weshalb eine Erhöhung der Vermögenssteuer gerechtfertigt ist, wie sie die Grünen fordern. „Das hat nichts mit Populismus zu tun und ist auch kein Neid, sondern ganz nüchterne Betrachtung.“
Göring-Eckardt versprach, künftig mehr über die Bürger erfahren zu wollen. „Wir leben alle in unseren Blasen, wir haben alle unsere Communitys, wo wir nur Leute treffen, die so ähnlich denken wie wir. Das ist ein Problem“, sagte sie dem Magazin. Es gäbe innerhalb der Grünen Debatten, da frage sie sich schon über den Sinn. „Wenn wir stundenlang diskutieren, ob wir Geschlechterdiskriminierung mit dem Binnen-i oder mit dem Gender-Sternchen bekämpfen, dann finde ich das ein bißchen seminarraummäßig.“
„Die Armleuchter gehören eben dazu“
Die Grünen-Politikerin mahnte an, man müsse mit Andersdenkenden umgehen können. „Auch Leute, die ganz anders sind als wir, brauchen Respekt“, betonte sie. „Toleranz zeigt sich, wenn es anstrengend wird. Und zwar auch für uns, nicht nur für die anderen. Und die Armleuchter gehören eben dazu.“
Traditionell ziehen die Grünen mit einer männlich-weiblichen Doppelspitze in den Bundestagswahlkampf. Göring-Eckardt gilt als sicher nominiert. Eine Regierungsbeteiligung könne sie sich nicht nur unter einem Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) vorstellen. Auch mit der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) käme sie „gut klar“. Diese sei „sachlich, kontrolliert – und sehr geschickt. Sie gibt weiter das freundliche Gesicht der Willkommenskultur“, lobte Göring-Eckhardt. Allerdings kritisierte sie die „vielen Gesetzesverschärfungen“ gegenüber Asylsuchenden. (FA)