BERLIN. Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat anläßlich der beginnenden Sommerferien vor Zwangsheiraten gewarnt. Die Ferien würden von einigen Familien genutzt, ihre Kinder in der Heimat zwangsweise zu verheiraten. In einem Brief an alle Schulen bat sie, auf entsprechende Hinweise zu achten.
„Falls Sie den Verdacht haben, eine Schülerin wurde (oder wird) während der Ferien zwangsverheiratet, wäre es wichtig, wenn Sie der Gleichstellungsbeauftragten diese Verdachtsfälle mitteilen könnten“, heißt es laut Bild in dem Schreiben.
„Häufig haben die Betroffenen schon eine Vorahnung, daß etwas passieren könnte“, warnte die Sozialdemokratin. „Trotzdem fahren sie mit ihrer Familie mit, weil sie glauben, vor Ort noch ‘nein’ sagen zu können. Ein Irrtum, zudem werden ihnen Bargeld, Handy, Paß abgenommen.“ Für einige werden daher die Sommerferien „ zum Albtraum“. Giffey, die Heinz-Buschkowsky (SPD) im Amt folgte, stellte klar: „Zwangsheirat ist eine Menschenrechtsverletzung, die es mit aller Entschlossenheit zu bekämpfen gilt.“
Ein Drittel der Opfer ist minderjährig
Die Neuköllner Gleichstellungsbeauftragte Sylvia Edler berichtete von einer fünfzehnjährigen Schülerin der Alfred-Nobel-Schule, die von ihrer türkischen Familie in den vergangenen Ferien zwangsweise verheiratet werden sollte.
„Die Schülerin verfaßte eine eidesstattliche Erklärung als Hilferuf und ließ sie mit der Kopie ihres Passes bei mir. Wäre sie nicht pünktlich zurückgekehrt, hätten wir uns damit an Polizei und Botschaft wenden können.“ Ein weiterer Trick sei, sich von Ärzten eine Fluguntauglichkeits-Bescheinigung zu holen.
Der Neuköllner Jugendstadtrat Falko Liecke (CDU) warnte die Familien: „An die Eltern gilt die klare Ansage, daß wir sofort einschreiten, um die Zwangsverheiratung mit allen Mitteln zu verhindern. Und natürlich hat so etwas auch noch familienrechtliche Folgen.“ Derzeit bearbeite er gerade acht entsprechende Fälle. Laut einer Studie sind ein Drittel der Opfer minderjährig. Die Hälfte der Zwangsheiraten werden im Ausland geschlossen, meistens während der Ferien. (FA)