HALLE. Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger (SPD), hat sich für eine Abwicklung der Stasi-Unterlagenbehörde ausgesprochen. „Wir brauchen keine zentrale Instanz, die uns sagt, wie Vergangenheit zu erklären ist“, sagte Krüger der Mitteldeutschen Zeitung. Künftig solle deswegen seine eigene Behörde mehr Aufgaben bekommen.
„Wir sind eine ganze Generation weiter. Deshalb sollte man in dieser Debatte auch nicht irrlichtern und riesige Apparate aufrechterhalten. Im übrigen gibt es auch ein Recht der Menschen, keinen Antrag zu stellen“, betonte der SPD-Politiker. Die Akten könnten vom Bundesarchiv verwaltet werden. „Behörden-Forschung ist eigentlich ein Unding. Das können einschlägige Institute machen, das Institut für Zeitgeschichte in München oder das Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam.“
Andrang auf Akteneinsicht ungebrochen
Widerstand dagegen kommt von Sachsens Landesbeauftragtem für die Stasi-Unterlagen, Lutz Rathenow. „Ich bekomme jeden Tag Anfragen von Leuten, für die die Akten ungeheuer wichtig sind“, sagte er der Berliner Zeitung. Während Krüger die Stasi-Aufarbeitungsbehörde abschaffen will, meldete diese einen ungebrochenen Ansturm auf Akteneinsicht.
Allein 2014 beantragten bis Anfang Dezember 61.000 Menschen Einsicht in ihre von der DDR-Staatssicherheit angelegten Akten. 2013 waren es etwa 64.000. „Damit hat keiner gerechnet, daß mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall jeden Monat noch Tausende neue Anträge kommen“, sagte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn.
Krügers Bundeszentrale für politische Bildung sorgte in der Vergangenheit wegen ihrer politischen Schlagseite immer wieder für Skandale. 2010 urteilte das Bundesverfassungsgericht, Krügers Behörde habe gegenüber dem konservativen Historiker Konrad Löw die von einer staatlichen Einrichtung zu erwartende Ausgewogenheit und rechtsstaatliche Distanz vermissen lassen. (ho)