BERLIN. Die Grünen in Berlin kämpfen mit einem Pädophilie-Skandal. Mitglieder der Vorläuferorganisation „Alternative Liste“ seien für den sexuellen Mißbrauch von bis zu 1.000 Minderjährigen verantwortlich, sagte der Berliner Grünen-Abgeordnete Thomas Birk dem Tagesspiegel.
Hintergrund ist ein Untersuchungsbericht der amtierenden Landesvorsitzenden, Bettina Jarasch und Daniel Wesener. Dieser Bericht bezieht sich nach Angaben des Tagesspiegels auf pädophile Aktivitäten von Parteimitgliedern und Funktionären der „Alternativen Liste“ in den achtziger und neunziger Jahren. Zusammen mit der SPD stellte die „Alternative Liste“ von 1989 bis 1990 die Regierung West-Berlins.
Schwulen-AG als „Pädo-Bereich“
Laut dem Bericht gab es innerhalb der Grünen-Vorläufer ein Netzwerk von Kinderschändern. Diese organisierten sich in einer Arbeitsgemeinschaft mit dem Namen „Jung & Alt“. In einem „Freizeitladen“ soll es dann nach Zeugenaussagen zu einem systematischen Mißbrauch von Jungen gekommen sein. Mindestens vier einschlägig vorbestrafte Pädophile sollen damals bei der „Alternativen Liste“ aktiv gewesen sein, darunter auch ein späterer Bundestagskandidat der Grünen. Die Täter sitzen derzeit in Haft oder sind verstorben.
„Wir hatten damit bis Mitte der 1990er Jahre zu tun. Die Schwulen-AG unserer Partei war bis 1993 mehr oder minder ein Pädo-Bereich“, sagte Birk dem Tagesspiegel. Bisher hatten die Grünen ausgeschlossen, daß Mitglieder für den sexuellen Mißbrauch von Kindern verantwortlich sein könnten. Die Grünen können zudem nicht ausschließen, daß auch in den Räumlichkeiten der Partei Kinder mißbraucht wurden.
Die Skandale häufen sich
Der Bericht über die „Alternative Liste“ ist nicht die einzige Untersuchung über die pädophile Vergangenheit der Grünen. Der Göttinger Politikwissenschaftler Franz Walter hatte den Einfluß von Päderasten auf die Anfänge der Bundespartei untersucht und kam zu dem Ergebnis, daß diese größer gewesen sei, als bisher bekannt und die Debatte um Pädosexualität als „Teil der grünen Geschichte“ gewertet werden müsse.
Recherchen des Journalisten Christian Füller hatten jedoch ergeben, daß Walter und seine Mitarbeiter längst nicht alle Fälle von Kindesmißbrauch im Grünenmilieu berücksichtigt hatten.
Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck stand mehrfach im Fokus der Pädophiliedebatte. Hintergrund ist ein Text, der 1988 unter seinem Namen in dem Sammelband „Der pädosexuelle Komplex. Handbuch für Betroffene und ihre Gegner“ erschienen war und in dem sich der Autor für eine „Entkriminalisierung der Pädosexualität“ aussprach.
Beck hatte sich zwar für den Text entschuldigt, aber auch stets behautet, sein ursprüngliches Manuskript sei ohne sein Wissen vom Verlag verfälscht worden. Doch Recherchen des Spiegels wie auch der JUNGEN FREIHEIT legten den Schluß nahe, daß Beck die Unwahrheit über den Vorgang gesagt hatte und sich die gedruckte Fassung so gut wie nicht von Becks Manuskript unterschied. (ho/krk)