BERLIN. Der Einfluß des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR auf den Bundestag war geringer als bislang angenommen. Laut einer von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in Auftrag gegebenen Studie der Stasi-Unterlagen-Behörde waren zwischen 1949 und 1989 neun Bundestagsabgeordnete bewußt als Inoffizielle Mitarbeiter (IM) der Stasi tätig.
Bis auf den SPD-Politiker Otto Graf waren diese aber bereits bekannt. Elf weitere Abgeordnete lieferten nach einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung über einen längeren Zeitraum hinweg Informationen an die Stasi. Es sei aber nicht erwiesen, ob es eine bewußte Zusammenarbeit mit dem DDR-Geheimdienst gegeben habe. Zehn dieser Abgeordneten gehörten der SPD an.
SPD am stärksten betroffen
Die Untersuchung brachte zudem ans Licht, daß 71 IM im Umfeld des Bundestags tätig waren, so zum Beispiel als Sekretärinnen, Referenten oder Journalisten. Nach Angaben des Autors der Studie, Georg Herbstritt, stand die SPD in „besonderer Weise im Visier des Ministeriums für Staatssicherheit“. Die Sozialdemokraten seien aufgrund gemeinsamer Wurzeln mit der SED in der Arbeiterbewegung „heftiger bekämpft und zugleich stärker umworben“ worden.
Als Reaktion auf die Studie bezeichnete der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck den Einfluß der Stasi auf den Bundestag als „weit überschätzt“. Eine Debatte im Plenum sei daher nicht erforderlich. (krk)