HALLE. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat sich gegen eine Verlängerung der Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst ausgesprochen. „Zwei Jahrzehnte nach der friedlichen Revolution den Kreis der zu Überprüfenden noch einmal auszuweiten, halte ich für unverhältnismäßig“, sagte Thierse der Mitteldeutschen Zeitung.
Es gehöre zum Rechtsstaat, daß dieser Zeithorizonte berücksichtige. „Wir haben zu bedenken, daß die Leute, die wir nochmals oder erweitert überprüfen wollen, zwei Jahrzehnte in dieser Demokratie gelebt und gearbeitet und sich dabei offensichtlich bewährt haben“, mahnte der SPD-Politiker. Diese zwei Jahrzehnte sollten nicht weniger wiegen als die Zeit davor. Thierse plädierte deshalb für eine Überprüfung im Verdachtsfall. Dies diene dem Verdächtigen wie auch der Institution, in der er arbeitet.
Regierungskoalition will Frist bis 2019 verlängern
Die Möglichkeit, Mitarbeiter im öffentlichen Dienst auf eine Zusammenarbeit mit der Stasi zu überprüfen, läuft Ende des Jahres aus. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition will die Frist bis 2019 verlängern. Zudem sollen leitende Beamte und Angestellte ab einer Gehaltsstufe von A13 generell überprüft werden.
Der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost, Patrick Kurth, verteidigte gegenüber der Zeitung die Pläne der Koalition: „Wenn wir 22 Jahre nach Kriegsende gesagt hätten, wir ziehen einen Schlußstrich, dann wäre die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit 1967 beendet worden“, sagte Kurth. Die gesellschaftliche Aufarbeitung sei da aber erst richtig losgegangen. (krk)