Waffenlieferungen sind Symbolpolitik, wie Sie richtig andeuten, Herr Vogel. Die hätten der Game Changer sein können, wäre die russische Armee in sich zusammengebrochen wegen Missmanagement. Ähnliches hat man deutscherseits im Umfeld des 22. Juni 41 erhofft. Da schwirrt das Bonmot aus dem Mund des hochgeschätzten Helmut Schmidt umher, die UdSSR sei „Obervolta mit Raketen“. Das ist ebenso richtig wie falsch. Ich war 10 Jahre lang im europäischen Russland und habe alles erlebt, was man sich vorstellen kann – höchste Effizienz und primitivste Zustände, gehobenes Niveau in den Städten und krasseste Armut auf dem Lande, wunderbare kulturelle Höhenflüge und schlimmste Misswirtschaft. Man lasse sich durch die notorische Faulheit und Trägheit des dortigen Systems und seiner Menschen nicht täuschen. In der schieren Masse ergeben die vielen trägen Elemente eben doch eine Wucht. „Quantität hat ihre eigene Qualität“ (Josef Stalin). Und nicht vergessen – es gibt in RUS keine störende Zivilgesellschaft mit endlosen Moraldebatten. Durch autoritäre Machtworte wird das an sich träge System urplötzlich schnell und stark. Sprache, Geist und Taten entfalten dann eine ungeheure Wucht – unwiderstehlich.