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Spanien: Mitte-Rechts ist machbar

Spanien: Mitte-Rechts ist machbar

Spanien: Mitte-Rechts ist machbar

Sollten sie mit der PP koalieren, wäre die zukünftige spanische Regierung Mitte-Rechts: Vox-Chef Santiago Abascal ist beim Wahlkampf in Gijón in seinem Element
Sollten sie mit der PP koalieren, wäre die zukünftige spanische Regierung Mitte-Rechts: Vox-Chef Santiago Abascal ist beim Wahlkampf in Gijón in seinem Element
Vox-Chef Santiago Abascal ist beim Wahlkampf in Gijón in seinem Element Foto: picture alliance / abaca | Europa Press/ABACA
Spanien
 

Mitte-Rechts ist machbar

Kurz vor der Wahl in Spanien reiben sich konservative PP und die rechte Vox noch aneinander. Doch bei einigen Protagonisten aus dem Lager Mitte-Rechts gibt es Hoffnung. Die JUNGE FREIHEIT hat sie gesprochen.
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Der Mann ist kurz vor der Parlamentswahl am 23. Juli  in Spanien in seinem Element. Santiago Abascal, der Chef der spanischen Rechtspartei Vox, ist eigentlich auf dem Weg nach Guadalajara, doch ein leerer Magen hat ihn und sein Team in eine Raststätte am Rand der Fernstraße getrieben. Hier, im ländlichen Spanien, ist Abascals Partei mehr als nur ein politischer Akteur. Hier ist die Partei mit den grünen Fahnen ein Lebensgefühl, und keiner verkörpert dieses Lebensgefühl mehr als ihr unangefochtener Anführer.

Der Inhaber des Restaurants macht den Anfang. Doch auch im Restaurant geht die Show weiter. Kinder werden geherzt, Hände geschüttelt und unzählige Fotos gemacht. Auf dem Grill brutzelt Fleisch. Strahlende Gesichter, ein paar Gläser Bier und Wein, die spanische Sonne scheint auf eine perfekte politische Szenerie. Am meisten dürfte der Wahlkampfmanager strahlen, einiges kann bei solchen semispontanen Auftritten geplant werden, aber ob linke Störer das schöne Bild kaputt machen, ist nie sicher.

Später, am Ziel im nordspanischen Gijón angekommen, zeigt Abascal ein anderes Bild. Hier schimpft der Mann im blauen Hemd von der Bühne herab. Verhöhnt die konservative Partido Popular (PP) als „Etikettenschwindel“ und den linken Ministerpräsidenten Pedro Sánchez  als Hallodri, der Spaniens Zukunft verspiele. Die Menge tobt, auch dieser Tag dürfte als erfolgreicher Wahlkampftag für Abascal zu Ende gehen.

„Typisch für Sánchez“

Denn Erfolge braucht er dringend, in den Umfragen hat seine Partei zuletzt etwas an Stimmen eingebüßt. Die Kampagne der PP, jede Stimme für die Rechtspartei von Abascal sei eine „nutzlose Stimme“, scheint bei den Bürgern zu verfangen. Auf „nur“ noch 14 Prozent kommt Vox – ein Verlust von minus zwei Prozentpunkten gegenüber den Umfragewerten vor einem Jahr.

Auch der Zeitpunkt der Wahl kommt für Abascal zur Unzeit. Kaum jemand in der Rechtspartei rechnete mit einem Wahltermin mitten in den großen Ferien. „Die Buchungen sind längst gemacht.  Millionen müssen per Post wählen oder darauf verzichten. Die Wahl nicht im September zu machen, sondern im Juli, ist rücksichtslos und man kann sagen unverschämt, und nimmt enormen Schaden für den normalen Bürger in Kauf, also sehr typisch für Sánchez“, kritisiert Vox-Politiker Hermann Tertsch im Gepräch mit der JUNGEN FREIHEIT.

Doch der Sozialdemokrat zog nach der verheerenden Niederlage seiner Regierungskoalition bei den Regionalwahlen die Notbremse und löste Ende Mai das Parlament auf. Zur Überraschung der Opposition, die mit einem langsamen Dahinsiechen der Regierung bis Dezember gerechnet hatte. Gescheitert war er im höchsten Amt Spaniens schlußendlich an der radikalen Linken in seiner Koalition, die den gemäßigten Sozialdemokraten neben einer Reihe an linker Symbolpolitik auch ein Sexualstrafrecht aufnötigen wollte, das in seiner Konsequenz Straftäter vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen und bis dahin unbescholtene Männer unter Generalverdacht gestellt hätte.

Den erstarkten Konservativen fehlt ein Koalitionspartner

Seitdem gilt Sánchez als besonders unbeliebt und als Regierungschef auf Abruf – ein Zustand, von dem ironischerweise im Moment die größten Feinde des Ministerpräsidenten, Santiago Abascal und seine Vox, nicht profitieren können. Dennoch gilt der dritte Platz für die Partei als gesichert, ein Umstand, der die Rechten zu „Königsmachern“ der spanischen Politik machen könnte.

Denn der erstarkten PP fehlt trotz aller Feindrhetorik über „nutzlose“ Vox-Stimmen ein Koalitionspartner – will sie nicht mit einer großen Koalition gerade die Wähler verprellen, die ihr die Stimme vor allem geben, um nicht eine weitere Legislatur Pedro Sánchez erleben zu müssen.

Keine Schützenhilfe

Diese Zwickmühle ist der Parteiführung der Vox durchaus bewußt, wenn man Hermann Tertsch glauben darf. Der Europaabgeordnete ist Vizepräsident der rechten EKR-Fraktion im EU-Parlament und gilt als Vertreter des eher moderaten Flügels der Partei. Er weiß um die Kraft der Anti-Vox-Kampagne: „Die ganze Linke, von PSOE und Kommunisten bis hin zur ETA-nahen Partei Bildu, schürt die Angst gegen Vox und bringt immer wieder den Bürgerkrieg und Franco in den politischen Diskurs ein“, so Tertsch gegenüber der JF.

Vom konservativen Koalitionspartner in den Regionen, der PP, sei hier keine Schützenhilfe zu erwarten. Im Gegenteil, die grabe gezielt der Vox das Wasser ab, indem sie immer wieder auf die „Nützlichkeit“ (voto útil) einer PP-Stimme verweise.

Dennoch hält auch Tertsch eine Mitte-Rechts- Regierung nach der Wahl für das „wahrscheinlichste Ergebnis“. Die Wechselstimmung sei einfach zu stark.  Vor allem habe Sánchez’ Koalition aus „Sozialisten und Kommunisten unterstützt von Separatisten und Ultralinken“ enormen Schaden in der spanischen Gesellschaft angerichtet, so der ehemalige Journalist und Rechtsanwalt.

„Nur mit Vox könne sich das ändern“

Es sind die drei Schlagworte Inflation, Migration und Genderpolitik, die auch Abascal auf den Nägeln brennen.  Die Linksregierung von Sánchez habe „Erwachsene zu Kindern und Kinder zu degenerierten Erwachsenen“ erklärt, so Abascal in einer Wahlkampfrede. Sánchez habe die Spanier ärmer gemacht und die Grenzen offengelassen, fährt er fort und ist sich sicher, nur mit Vox könne sich das ändern.

Auch sein Parteifreund Tertsch pflichtet ihm bei. Denn die PP sei letztlich auch nur ein Etikettenschwindel, deren Parteivorsitzender Alberto Feijóo bereits seit langem eine größere Nähe zu den Sozialdemokraten als zur Vox-Partei zeige.

JF 31+32/23

Vox-Chef Santiago Abascal ist beim Wahlkampf in Gijón in seinem Element Foto: picture alliance / abaca | Europa Press/ABACA
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