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Friedensmarsch in Budapest: Flaggenmeer in rot-weiß-grün

Friedensmarsch in Budapest: Flaggenmeer in rot-weiß-grün

Friedensmarsch in Budapest: Flaggenmeer in rot-weiß-grün

Zahlreiche Ungarn-Flaggen beim Friedensmarsch in Budapest: Mittig in der Menge steht Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz)
Zahlreiche Ungarn-Flaggen beim Friedensmarsch in Budapest: Mittig in der Menge steht Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz)
Zahlreiche Ungarn-Flaggen beim Friedensmarsch in Budapest: Mittig in der Menge steht Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz) Foto: picture alliance / Anna Szilagyi / ASSOCIATED PRESS
Friedensmarsch in Budapest
 

Flaggenmeer in rot-weiß-grün

Angesichts der Parlamentswahlen im April läuft der Wahlkampf in Ungarn auf Hochtouren. Beim Budapester Friedensmarsch zeichneten sich der Nationalstolz und die Liebe zur Freiheit des Landes ab. Regierung und Opposition mobilisierten noch einmal ihre Anhänger. Die JF war vor Ort.
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Es war ein Flaggenmeer in rot-weiß-grün als am Dienstag der Friedensmarsch in Budapest startete. Der 15. März ist in Ungarn Nationalfeiertag und erinnert an den Freiheitskampf von 1848/49. Den geschichtsträchtigen Tag nutzten die Nichtregierungsorganisationen CÖF sowie die dazu gehörige Stiftung CÖKA.

Das ursprüngliche Ziel der Veranstaltung war die Unterstützung der ungarischen Regierung. Am 3. April wird dort nicht nur gewählt, sondern auch über das Referendum zum im Juni 2021 verabschiedeten Kinderschutzgesetz abgestimmt. Durch den Krieg in der Ukraine bekam die Demonstration allerdings auch eine außenpolitische Komponente.

Sowohl die amtierende Regierung um Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz) als auch das Oppositionsbündnis mit ihrem Kandidaten Péter Márki-Zay versuchten im Endspurt des Wahlkampfes noch einmal, Anhänger zu mobilisieren. Die JUNGE FREIHEIT war am Dienstag in Budapest vor Ort.

Demozug: Am häufigsten waren Ungarn-Flaggen zu sehen
Foto: Philippe Trésorerie/JF

Lage bleibt friedlich

Gegen zwölf Uhr mittags startete der Marsch im Budaer Teil der ungarischen Hauptstadt. Kurz bevor sich der Menschenzug in Bewegung setzte, erklärte Zóltan Lomnici von der CÖF-CÖK der JF die Hintergründe der Veranstaltung. Die Demonstration reihe sich in die Tradition klassischer Friedensmärsche ein.

„Die Organisatoren und Unterstützer solcher Veranstaltungen in Ungarn sind im Allgemeinen Bürger in Ungarn und im Ausland, die sich einer aktiven Zusammenarbeit sowie einer Mitwirkung an der Lösung nationaler, sozialer und wirtschaftlicher Probleme versprochen haben. Am Ende des Marsches können sich die Teilnehmer die feierliche Rede von Ministerpräsident Viktor Orbán anhören und im Rahmen des Nationalfeiertags der Helden der Revolution und des Unabhängigkeitskrieges 1848-49 gedenken“, führte Lomnici aus.

Zoltán Lomnici (rechts) beim Friedensmarsch
Foto: Philippe Trésorerie/JF

Rund 500.000 Menschen trieb es auf die Budapester Straßen, womöglich sogar noch mehr. Im Vorfeld hatten regierungsnahe Medien von über 600.000 zu erwartenden Teilnehmern berichtet. Regierungskritische Medien hatten hingegen versucht, die Zahl auf „mehrere zehntausend“ herunterzuschreiben. Der Zug führte über die gewaltige Margaretenbrücke und von dort aus weiter in Richtung des Westbahnhofs. Dabei blieb die Lage weitestgehend friedlich. Das Gefühl, daß es zu Ausschreitungen kommen könnte, gab es zu keinem Zeitpunkt.

Auch Unterstützer aus dem Ausland sind angereist

Unter den Teilnehmern befanden sich größere Gruppen an Unterstützern aus Italien, Spanien, Kroatien, der historischen Region Siebenbürgen. Auch Deutsche, die am Balaton leben, waren dabei. Der Lega-Abgeordnete Simone Billi war extra für den Friedensmarsch aus Italien angereist. Die Demonstration sei wichtig, „um Orbáns Gründungswerte zu stärken: Heimat, Familie und Christentum sowie Respekt vor Traditionen, Kultur und Geschichte, nicht nur der Ungarn, sondern aller europäischen Völker“, betonte er.

Aus Deutschland war die AfD-Abgeordnete in der Hamburgischen Bürgerschaft, Olga Petersen, angereist, um sich selbst ein Bild vom Friedensmarsch zu machen. Sie sagte: „Ein schönes Gefühl umringt von Fahnen und gesundem Nationalstolz den heutigen Tag inmitten der Ungarn zu feiern. Die ungarische Politik der jüngsten Zeit hat noch einmal deutlich gemacht, um wen es der hiesigen Regierung geht – um das eigene Volk!“ Dies sei beispielhaft für ganz Europa.

AfD-Politikerin Olga Petersen
Foto: Philippe Trésorerie/JF

Bürger bekunden auch Unmut über Orbáns Politik

Auf den Straßen Budapests von Ungarn auf Deutsch angesprochen zu werden, ist indes keine Seltenheit. So auch im Fall der in Deutschland geborenen Ungarin Emese Balogh. Sie nehme schon zum dritten Mal am Friedensmarsch teil, schilderte sie der JF. „Ungarn ist ein kleines Land, aber eine große Nation. Wir gedenken heute zu Hunderttausenden dem Jahrestag der Revolution von 1848/49 und zeigen der Welt gleichzeitig, daß wir geschlossen hinter der aktuellen ungarischen Regierung stehen. Diese Unterstützung zu zeigen, ist besonders im Vorfeld dieser alles entscheidenden Wahlen wesentlich“, betonte sie.

Doch es gibt auch andere Stimmen. Auf dem Weg zum Parlament wurden der Menge aus mehreren Häusern in der Innenstadt Banner entgegengehalten. Darauf bekundeten Anwohner ihren Unmut gegen Orbáns Politik. Zur Unterstützung des Oppositionskandidaten Márki-Zay war extra der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Donald Tusk, angereist. Der Pole führte auf einer Veranstaltung der Gegenseite mit wohl bedeutend weniger Teilnehmern an, der Krieg gegen Rußland sei nicht nur ein Kampf um die Unabhängigkeit der Ukraine sei. Es handle sich auch um einen Krieg, der über die Zukunft Europas entscheiden werde.

Ungarn hat mehr als 430.000 Flüchtlinge aufgenommen

Weiter führte der Friedensmarsch zum Platz vor dem Parlament. Dort erwartete die Teilnehmer ein Kulturporgramm mit ungarischer Musik und Volkstänzen. Auf dem Platz wimmelte es nur so von Menschen und rot-weiß-grünen Flaggen. Die Farben der Ukraine, wie sie in diesen Tage in Deutschland häufig gezeigt werden, waren in Budapest nur vereinzelt zu sehen. Das ist allerdings kein Zeichen mangelnder Solidarität der Ungarn mit der Ukraine – ganz im Gegenteil. Das Land hat bereits mehr als 430.000 Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet aufgenommen.

Teilnehmer des Friedensmarschs auf dem Parlamentsvorplatz
Foto: Philippe Trésorerie/JF

Auf dem Vorplatz des Parlaments trifft die JF auch auf Miklós Szánthó, Direktor des ungarischen Forschungsinstituts Zentrum für Grundrechte. „Eine Regierung sollte sich in erster Linie um die Interessen des Landes kümmern.“ Der Staat müsse von verläßlichen Politikern regiert werden. Orbán habe in den vergangenen zwölf Jahren bewiesen, Ungarn auch durch Notlagen führen zu können. Nun sei es an den Bürgern, am 3. April zu entscheiden, ob sie in Frieden und Stabilität oder in Choas leben möchte.

Petra Halkó, leitende Analystin der Századvég-Stiftung sagte: „Im Laufe der Geschichte haben wir als ungarische Nation fortlaufend für unsere Unabhängigkeit gekämpft. Bei den Wahlen geht es darum, ob wie unsere Souveränität an der Schwelle zur Zeitenwende bewahren können.“ Die Bedeutung des Friedensmarsches liegt darin, zu zeigen, worin die Stärke der Ungarn liege: „Heimatliebe, Zusammengehörigkeit und Frieden.“

Orbán hält Rede vor dem Parlament

Gegen 15:15 Uhr trat schließlich Orbán ans Mikrofon, um sich anläßlich des Nationalfeiertages an das Volk zu wenden. In der Rede bezog er sich in weiten Teilen auf den bevorstehenden Wahlkampf und hielt sich mit Kritik am Oppositionsbündnis nicht zurück. Dieses läge kurz vor dem Zerfall. Márki-Zay verglich er gar mit einem Kometen, der mittlerweile mehr wie erkaltetes Gestein nach dem Aufschlag auf die Erde wirke.

Zudem verwies der Fidesz-Chef auf „Brüsseler Bürokraten“ und „Finanzhaie“ wie den US-Milliardär George Soros. Ungarn müsse sich weder ihm noch vor den einflußreichen internationalen Medien fürchten. Tusk bezeichnete er indes als „jenen Polen, für den sich die Leute daheim schämen.“ An diesr Stelle hin ein lautes Lachen durch die Menge. Tusk habe zuerst seine eigene Partei in Polen und später die EVP in der EU zerschlagen.

Danach wandte sich Orbán ernsteren Themen zu, allen voran „Krieg und Frieden“. Er sagte, die Ungarn wünschten sich stets nur eines: Frieden, Freiheit und Einigkeit. Dafür benötige das Land allerdings Stärke. Schwache Nationen bekämen keine Freiheit, sondern würden bestenfalls geduldet. „Frieden, Freiheit und Eintracht sind die Errungenschaften starker Völker. (…) Das ist der Grund, warum wir Familien fördern und eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen haben“, führte er aus. Weder die Migrations- noch die Corona-Krise hätten Ungarn bislang etwas anhaben können. Genauso wenig werde die linke Oppositionsliste das Land vom Weg abbringen.

Ungarn müsse sich aus dem Ukraine-Krieg heraushalten

Danach kam er auf die Situation in der Ukraine zu sprechen. Ungarn müsse sich aus dem Konflikt strikt heraushalten. „In diesem Krieg können wir nichts gewinnen, aber alles verlieren. Wir müssen uns heraushalten.“ Obgleich er der einzige Redner war, verwies er auch auf Katalin Novák, die vergangene Woche zur ersten Staatspräsidentin gewählt wurde und drei Kinder hat.

Mütter wünschten den Frieden und nicht den Krieg zu gewinnen. Das gleiche hatte die Fidesz-Politikerin bereits bei ihrer Bewerbungsrede gesagt. Niemand wisse besser, daß es zwanzig Jahre brauche, um einen Menschen großzuziehen, aber nur zwanzig Sekunden, um dieses Leben auszulöschen.

Am Ende kam er noch einmal auf die bevorstehende Wahl zurück. „Laßt uns die wichtigste Schlacht unseres Lebens gewinnen, laßt uns Ungarn verteidigen! Wir gemeinsam, nicht für andere, sondern für einander!“, schloß er seine Rede.

Zahlreiche Ungarn-Flaggen beim Friedensmarsch in Budapest: Mittig in der Menge steht Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz) Foto: picture alliance / Anna Szilagyi / ASSOCIATED PRESS
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