GRAZ. Die Staatsanwaltschaft Graz hat Anklage gegen zehn führende Mitglieder der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) sowie sieben Sympathisanten erhoben. Die Behörde ermittelt wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung und der Verhetzung, berichtet die Nachrichtenagentur APA. Der Großteil der Angeklagten war demnach bereits 2012 an der Gründung des „Vereins zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität“ beteiligt.
Ende April hatte die Staatsanwaltschaft sechs Privatwohnungen sowie vier Geschäfts- und Vereinslokale in Graz, Wien, Linz und im kärntnerischen Griffen durchsucht. Darunter befanden sich auch die Wohnungen der IB-Chefs Martin Sellner und Patrick Lenart.
Mehrere Aktionen erwähnt
Mit oft spektakulären Aktionen sei es den führenden Mitgliedern vor allem seit Anfang 2016 gelungen, die Bekanntheit des Vereins zu steigern, heißt es in einer Erklärung der Staatsanwaltschaft. Mit dem Verkauf von Kleidung mit angeblichem Uniform-Charakter, Ansteckern, Plakaten, Aufklebern sowie Büchern und Tonträgern sei ein „florierendes Unternehmen“ aufgebaut worden.
In der Anklage werden dem Bericht zufolge mehrere Aktionen der österreichischen „Identitären“ erwähnt. Darunter auch eine Protestaktion aus dem Jahr 2016 gegen die Islamisierung auf dem Dach eines Hauses in Graz, in dem sich das Büro der Grünen Steiermark befindet. Die Teilnehmer entrollten damals ein 16 Meter breites Transparent mit der Aufschrift „Islamisierung tötet“. Anschließend übergoß eines der führenden Mitglieder das Banner mit Theaterblut und warf über Lautsprecher Grünen und SPÖ vor, Terrorismus nach Europa zu importieren.
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Ein von dieser Aktion angefertigtes Video enthalte laut Staatsanwaltschaft „höchst islamfeindliche Parolen“ wie etwa „Islamisierung und Einwanderung töten Europa. Wie viele Terroranschläge braucht es noch, bis ihr aufwacht?“ Ziel der Aktionen sei es, „zu Haß gegen die Religionsgesellschaft des Islam, gegen Muslime, Ausländer und Flüchtlinge und insbesondere auch türkische Staatsangehörige aufzustacheln, und diese Gruppen durch Beschimpfungen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und herabzusetzen“.
Freispruch für Aktion in Wien
Unterdessen ist der Freispruch für IBÖ-Mitglieder im Falle der Störung bei einer Aufführung des Bühnenstücks „Die Schutzbefohlenen“ der Schriftstellerin Elfriede Jelinek im Audimax der Universität Wien rechtskräftig geworden. Die Staatsanwaltschaft habe ihre Berufung zurückgezogen, teilte die „HochschülerInnenschaft Uni Wien“ am Montag mit.
Bereits im März waren die wegen Körperverletzung sowie Störung einer Versammlung angeklagten Identitären am Bezirksgericht Baden freigesprochen worden. Der Freispruch zeige, „daß unser Aktivismus in den letzten fünf Jahren zwar oft provokant, aber immer friedlich und legal war“, sagte Lenart auf JF-Nachfrage.
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„Es ist immer wieder frustrierend zu sehen, wie Behörden und Justiz mit Rechtsextremismus umgehen. Ermittlungen werden eingestellt, Anklagen nicht weiterverfolgt“, beklagte eine Sprecherin der „Grünen und Alternativen StudentInnen“ in Wien. „Nicht nur können sich die ‘Identitären’ so erneut in ihrem Tun bestätigt fühlen, es lädt sie und ihnen ähnliche Organisationen dazu ein, solche menschenverachtenden Aktionen zu wiederholen.“ (ls)
>Ein Interview mit Martin Sellner sowie weitere Berichte über die Identitäre Bewegung lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT (20/18).