WARSCHAU. Der neue polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ist bei der Vertrauensabstimmung gestern nacht vom Parlament in Warschau bestätigt worden. 243 Abgeordnete stimmten in der Nacht zu Mittwoch für die neue Regierung, dagegen 192. Die notwendige Regierungsmehrheit lag bei 231 Stimmen.
In der gestern abgegebenen Regierungserklärung legte der 49 Jahre alte Morawiecki Wert auf die Kontinuität zu den Positionen seiner Vorgängerin im Amt des Ministerpräsidenten, Beata Szydło. Diese hatte am Freitag auf Beschluß der Führung der sozialkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ ihren Rücktritt eingereicht. Morawiecki unterstrich das Nein Polens zu einem Europa der „zwei Geschwindigkeiten“ und kritisierte die Einwanderungspolitik der EU.
Szydło wurde von Staatspräsident Andrzej Duda zur stellvertretenden Ministerpräsidentin ohne Geschäftsbereich berufen. Entgegen vorhergehender Spekulationen über die Auswechslung des Verteidigungs- und des Außenministers wurden zunächst keine Ministerämter neu besetzt. Bis zu einer umfangreichen Regierungsumbildung im Januar, auf die PiS-Chef Jarosław Kaczyński drängt, nimmt Morawiecki auch weiterhin seine Funktion als Wirtschafts- und Finanzminister wahr.
Spekulationen über Gründe
Über die Gründe für den Wechsel an der Spitze mutmaßten Beobachter, der frühere Banker und Manager Morawiecki könne dem Druck von seiten der EU auf das Land besser begegnen als Szydło. Die 54jährige selbst begründete ihren Rücktritt nicht.
Vielfach war spekuliert worden, Kaczyński wolle sich selbst an die Spitze der Regierung setzen.
Der PiS-Europaabgeordnete Karol Karski sagte unterdessen der polnischen Zeitung Rzeczpospolita, Kaczyński könne „in jedem Augenblick Premier werden“. Er sei auch der Meinung, Kaczyński sei auch der beste Kandidat für das Amt. Karski ist auch Mitglied im Parteivorstand der PiS.
Bekenntnis zu einem christlichen Europa
Unterdessen bekannte sich der studierte Historiker Morawiecki zu einem christlichen Europa. „Wir wollen Europa umgestalten, wir wollen es, so ist mein Traum, wieder rechristianisieren“, sagte er in einem Interview mit dem katholischen Fernsehsender TV Trwam am Tag seiner Ernennung zum Regierungschef vergangenen Freitag.
An vielen Orten würde man keine Weihnachtslieder mehr singen, die Kirchen seien leer oder zu Museen gemacht worden. „Das ist sehr traurig“, fügte Morawiecki hinzu. In dem einstündigen Interview ging es hauptsächlich um Fragen der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung Polens. (ru)