Österreichs größte Oppositionspartei, die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), sorgt mit der zumindest teilweisen „Heimholung“ des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) für Aufsehen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gelang damit ein ganz besonderer parteistrategischer Coup, und die Konkurrenz von SPÖ, ÖVP und Grünen schäumte: „Unzuverlässige Chaoten-Truppe“, „Oberchaoten“.
Das BZÖ kämpft vehement gegen die Abwanderung
Viereinhalb Jahre nach der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ kehrt nun die mit Abstand stärkste Kärtner Landesgruppe des Bündnisses ins freiheitliche Lager zurück. Damit ist das BZÖ geschwächt, das „dritte Lager“ in Österreich fast wieder geeint.
Rund 1.700 Tage hat das Bündnis Zukunft Österreich Abstand von der FPÖ gehalten – von der Abspaltung am 4. April 2005 (JF 17/05) bis zur Verkündung der Fusion des Kärntner BZÖ mit der FPÖ nach CDU/CSU-Modell am 16. Dezember 2009. In dieser Zeit waren die Orangen, so das Kürzel für das BZÖ im Volksmund, nur bei zwei Wahlen erfolgreich: jener zum Nationalrat mit Spitzenkandidat Jörg Haider im Jahr 2008 und bei der Kärntner Landtagswahl 2009.
In allen anderen österreichischen Bundesländern scheiterte das BZÖ bei den Landtagswahlen kläglich. Wirkliche Bedeutung hatte das BZÖ nur in Kärnten, wo Jörg Haider bei der damaligen Abspaltung von der FPÖ noch Landeshauptmann war und das BZÖ auch bei der ersten Wahl nach seinem Tod die Vormacht verteidigte.
Strache arbeitete unterstützt von Generalsekretär und Chefstrategen Herbert Kickl schon monatelang an diesem CDU/CSU-Modell einer freiheitlichen Partei rechts der Mitte für Österreich. Schon nach dem Tod von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider im Oktober 2008 hatte Strache erstmals die Fühler nach den Kärntner Orangen ausgestreckt. Damals war es noch zu früh, er erntete rüde Absagen aus der Führungsetage des Kärtner BZÖ. Jedoch fand er alsbald im mächtigen Kärntner Bündnis-Obmann Uwe Scheuch einen kongenialen Partner, der im Rahmen der Fusionsgespräche eine Autonomie für seine „Freiheitlichen in Kärnten“ (FPK) ausheckte. Der Rest des BZÖ – allen voran die alten FPÖ-Spitzenrepräsentanten wie Peter Westenthaler oder Ewald Stadler – war von der Bundes-FPÖ ohnehin nie erwünscht.
Daß die FPÖ überhaupt wieder auf das Kärntner BZÖ zurückgriff, hat durchaus pragmatische Gründe. Denn im südlichsten Bundesland Österreichs stellt das BZÖ immerhin den Landeshauptmann. Noch im Frühjahr war dort die FPÖ bei den Wahlen zum Kärntner Landtag an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert, während die politischen Erben des Kärntner Landeshauptmanns Haider einen beeindruckenden Wahlerfolg eingefahren hatten.
„Willkommen daheim“, frohlockte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Kärntner BZÖ-Chef Uwe Scheuch. Dieser meinte „Es tut gut, wieder zu Hause zu sein.“
Wie viele der fünf Kärntner BZÖ-Abgeordneten (von insgesamt 21) aus dem Bündnis austreten und mit der freiheitlichen Fraktion kooperieren werden, stand zu Redaktionsschluß noch nicht fest.
Nichtsdestoweniger spricht die Bundes-Fraktion des BZÖ von „Verrat“ und wehrt sich mit allen Mitteln gegen die „Abwanderung“ des mandatsstarken und einflußreichen Kärntner Flügels. Nachdem zuerst von vier Mandataren die Rede war, zog Ex-Sozial-Staatssekretär Sigisbert Dolinschek zurück. Er bleibe im Bündnis, erklärte er zur Freude des Bundes-BZÖ-Chefs Josef Bucher, habe aber kein Problem, mit der FPÖ „Hand in Hand“ zu kooperieren.
Wegweisend für den Ausgang des blau-orangen Machtkampfes in Kärnten wird nun der 16. Januar sein. Dann soll in Klagenfurt ein ordentlicher FPK-Landesparteitag über die Richtung der Partei und deren künftige Führung abstimmen. Dort fällt letztendlich die Entscheidung, ob der überraschende Strache-Scheuch-Coup bestätigt wird oder als Luftnummer in die Geschichte eingeht, wie es die ÖVP-SPÖ-Grüne-Konkurrenz gern sehen würde.
Foto: Uwe Scheuch (Freiheitliche in Kärnten) und FPÖ-Chef H.C. Strache: „Willkommen daheim“