Die Linkspartei ist ein weiteres Mal mit dem Versuch gescheitert, eine sogenannte „Antifaschismusklausel“ in der Präambel einer Landesverfassung zu verankern. Anfang November wurde im Landtag von Thüringen über den Antrag der Linksfraktion beraten, in den ersten Verfassungsartikel einen Absatz einzufügen, der „alle staatliche Gewalt“ verpflichtet, gegen die „Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes“ vorzugehen. In der Begründung der Partei hieß es, daß damit ein „wichtiges Zeichen“ gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt gesetzt werden könne. Bei der Beratung im Landtag sprachen sich Vertreter der Landesregierung allerdings deutlich gegen das Begehren der Sozialisten aus. Justizminister Harald Schliemann (CDU) sagte zur Begründung, daß „symbolische Akte nicht in die Verfassung gehören“. Angriffe in linken Medien Zudem reichten die eindeutigen Vorgaben im Grundgesetz der Bundesrepublik vollkommen aus. Dies sehe vor, daß nicht nur „Neonazismus“, sondern „jeder politische Extremismus“ bekämpft werden müsse, sagte Schliemann. Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) äußerte in einer Regierungserklärung gegenüber Vorwürfen der Linkspartei, daß es ihm zwar fernliege, „Nationalsozialismus und Kommunismus auf eine Stufe zu stellen“, da die industrielle Massenvernichtung des Dritten Reiches unvergleichbar sei. Zugleich seien „aber die Diktaturerfahrungen … in ihrer Lehre eindeutig“. „Die linksextremistischen Bestrebungen, unsere Freiheit zu beseitigen, sind nicht harmloser; auch dabei wird die Menschenwürde mißachtet. Nein, wir dürfen auf keinem Auge blind sein – weder auf dem rechten noch auf dem linken!“ sagte Althaus. Nach der deutlichen Absage wurden Schliemann, Althaus und die CDU in Kommentaren linker Medien massiv angegriffen. „Gerade für die CDU geht es beim Antifaschismus um mehr als nur Symbolik. Immer wieder fährt sie im Fahrwasser von alten und neuen Nazis“, schrieb das Neue Deutschland . In dem sich als „alternatives“ Medienmagazin verstehenden Internetforum Indymedia wurde Althaus vorgeworfen, er „sabbele“ dem „rechtskonservativen“ Chemnitzer Politologen Eckhard Jesse nach, da er sich an einem antitotalitären Gesellschaftskonsens ausrichte. Dabei sei schon die „Totalitarismus-/ Extremismustheorie“, deren Konsequenz die Abwehr von Extremismus in jeglicher Form beinhalte, „veraltet“, „unzutreffend“ und „überholt“. In einem weiteren Beitrag wurde Althaus vorgeworfen, „das DDR-System mit dem Nationalsozialismus auf eine Stufe“ zu stellen, alle „Extremisten in einen Sack“ zu „stecken“ und „auch sonst wirre Sachen“ hervorzubringen. Besonders störten sich die Indymedia-Autoren daran, daß Althaus mit direktem Bezug auf eine aktuelle Studie einen Zusammenhang zwischen Antidemokraten und Gegnern der deutschen Einheit konstatiert hatte. „Wer von der Idee der Demokratie überzeugt ist, der bewertet auch die Einheit positiv“, sagte der Ministerpräsident. Dagegen befänden sich unter den sozial Desorientierten sowie unter den Befragten mit autoritärer Persönlichkeitsstruktur jeweils dreimal so viele Einheitsgegner wie im Durchschnitt von anderen Gruppen. Der Versuch, „Antifaschismusklauseln“ in Verfassungen zu verankern, wurde von der damaligen PDS bereits 2001 in Sachsen sowie im Bund unternommen. Auch bei diesen Anläufen war die Partei gescheitert. Der damalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hatte im November 2001 in einer Regierungserklärung den Antrag der PDS-Fraktion als „ebenso offenbarend wie abwegig“ bezeichnet und zur Klausel ausgeführt: „Es geht … nicht um die politische Haltung, sondern es geht um die Ausübung von Gewalt und es geht um die extremistischen Angriffe auf unser freiheitliches Gemeinwesen. Diese Angriffe kommen von links genauso wie von rechts.“ Auch Biedenkopf war wegen dieser klaren Position unter scharfen Beschluß von linken Medien geraten. Argumentative Hilfe für die Durchsetzung einer „Antifaschismusklausel“ erhält die PDS in erster Linie vom Verband der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), von parteinahen Juristen sowie von einigen Pfarrern, die früher der SED nahestanden oder vom Westen aus die DDR-Diktatur verteidigten. In der Ausgabe 1/2001 der Weißenseer Blätter, einer Publikation der Kirchlichen Bruderschaft in Berlin, schrieb Erich Buchholz in einem Aufsatz „Antifaschismusklausel ins Grundgesetz?“ zum Widerstand gegen den PDS-Antrag in Sachsen: Die „vertretene und geforderte Gleichstellung von Rechtsextremismus und Linksextremismus bedeutet letztlich nichts anderes als eine Verniedlichung des Faschismus. Sie verkörpert eine Haltung, gegen die ‚rechte‘ Gefahr doch nicht mit der erforderlichen Entschiedenheit vorzugehen … Die Position der CDU/CSU verrät eine unvertretbare Toleranz gegenüber Nationalsozialismus, rechter Gefahr und Faschismus und erweist sich damit objektiv als eine Position der Schützenhilfe für die rechte Gefahr, für Faschisten und Neonazis, die man womöglich gegen den ‚Linksextremismus‘ zu benötigen meint.“. Begründet wird die Forderung nach der Aufnahme einer entsprechenden Klausel ins Grundgesetz unter anderem damit, daß die „Antifaschismusklausel“ der DDR-Verfassung durch die Vereinigung entfallen sei, was zu einer sprunghaften Zunahme des Rechtsextremismus beigetragen habe. „Nachdem die ‚Mauer‘, der ‚antifaschistische Schutzwall‘, gefallen war, war es für die Neonazis und Neofaschisten in der Bundesrepublik ein leichtes, in das Gebiet der DDR einzudringen und insbesondere junge Menschen, denen Lebenserfahrung und eigene Orientierung fehlten, sich gefügig und von sich abhängig zu machen“, schrieb Buchholz.