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Streiflicht: Wir verneigen uns

Streiflicht: Wir verneigen uns

Streiflicht: Wir verneigen uns

Dieter Stein und Peter Scholl-Latour
Dieter Stein und Peter Scholl-Latour
JF-Chefredakteur Dieter Stein begrüßt Peter Scholl-Latour in den Räumen der Zeitung Foto: JF/Bärbel Richter
Streiflicht
 

Wir verneigen uns

Am Donnerstag ist Peter Scholl-Latour beerdigt worden. Mit ihm ist ein wirklich Großer des Journalismus von uns gegangen. Es war Sympathie, die ihn mit uns verband. Ihm imponierte, daß wir vom politisch-korrekten Konsens abweichen. Dafür unterstützte er uns mit einer unglaublichen kameradschaftlichen Bescheidenheit. Eine Würdigung von JF-Chefredakteur Dieter Stein.
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Mit Peter Scholl-Latour ist ein wirklich Großer des Journalismus von uns gegangen. Sein Tod reißt eine schmerzhafte Lücke. Bei dramatischen weltpolitischen Ereignissen, die Redaktionen in aufgescheuchte Hühnerhaufen verwandeln, war er das Auge im Taifun, der Fels in der Brandung. Er war dann stets einer der ersten, von dem Zeitungen oder Fernsehsender eine Einordnung erhofften, eine nüchterne analytische Bresche durch das Chaos der Ereignisse. Uns ging es nicht anders. Gleich nach den Anschlägen des 11. September 2001 in New York befragten wir ihn. Wir hatten uns dem gefühlsduseligen „Wir sind alle Amerikaner“-Getöse verweigert. Hier trafen wir uns.

In diesem Interview ahnte Scholl-Latour voraus, daß die USA sich in einen Konflikt verwickeln ließen, in dessen Verlauf die islamische Staatenwelt im Sinne der islamistischen Herausforderer erschüttert werde: „Und zwar in der Hoffnung, nicht nur die proamerikanischen Staaten, sondern alle nicht gottgefälligen Regierungen, zu denen etwa auch Saddam Husseins einstmals sozialistisches Baath-Regime zählt, zu destabilisieren. Dahinter steht die Utopie des Gottesstaates.“ Das Ergebnis beobachten wir derzeit im Irak, der nach dem Rückzug der US-Truppen zerfällt.

Eine unglaubliche kameradschaftliche Bescheidenheit

Scholl-Latour hatte alle Länder bereist, er war Soldat gewesen, ein gläubiger Katholik, der Hochachtung vor jeder anderen Kultur und ernsten Religiosität empfand. Er verstand, daß die universellen Menschenrechte nicht der Schlüssel sind, um die Konflikte der Welt zu lösen. Er liebte die kulturelle, ethnische Differenz und litt unter der demographischen, geistigen Selbstaufgabe der europäischen Völker. Für uns war es eine Ehre, daß Scholl-Latour für uns schrieb. Er tat dies mit einer unglaublichen kameradschaftlichen Bescheidenheit. Honorare waren ihm nicht wichtig. Es war Sympathie, die ihn mit uns verband. Ihm imponierte, daß wir in entscheidenden Fragen vom politisch-korrekten Konsens abweichen, der den medialen Mainstream so austauschbar und langweilig macht.

Ich war stolz, als ich ihm 2008 den von dieser Zeitung gemeinsam mit der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung (FKBF) verliehenen Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für Publizistik überreichen konnte. Er hatte für uns immer ein offenes Ohr, besuchte unsere Redaktion und nahm lebhaft Anteil, als 2013 unser Reporter Billy Six in Syrien verschollen war und erst nach elf Wochen aus der Haft befreit werden konnte. Obwohl die Fertigstellung seines nun letzten eigenen Buches drängte, verfaßte er noch zwei Wochen vor seinem Tod ein Geleitwort für das Syrien-Buch von Billy Six, das im Herbst in der JF-Edition erscheinen wird.

Wir verneigen uns vor Peter Scholl-Latour, einem Publizisten, dem geistige Enge und Zensur zuwider waren.

JF 35/14

JF-Chefredakteur Dieter Stein begrüßt Peter Scholl-Latour in den Räumen der Zeitung Foto: JF/Bärbel Richter
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