BAMBERG. Mehr als ein Vierteljahr, nachdem der Bamberger Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde am 9. November 2022 eine Rede zur Reichspogromnacht gehalten hat, fordert ihn das dortige „Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ auf, sich von seinen Worten zu distanzieren.
Martin Arieh Rudolph habe das Gedenken mißbraucht und Nähe zu „Corona-Leugner*innen“ und deren „antidemokratischen, rassistischen und antisemitischen Positionen“ gezeigt. Wie die Neue Zürcher Zeitung berichtet, erhielt der Kantor nun „ein Schreiben zur peinlichen Befragung“. Darin heiße es, die Ansprache bedeute einen immensen „Schaden für die Würde der Gedenkfeier“ und das Ansehen der Kultusgemeinde. Das Bündnis unter dem Motto „Bamberg ist bunt“ verlangt eine „kritische Reflexion“.
„Opfer der Corona-Maßnahmen rehabilitieren“
Der Gemeindevorsitzende hatte tatsächlich nicht nur an die brennenden Synagogen, jüdischen Geschäfte, Deportationen und an den Massenmord erinnert. Er kritisierte auch die Grundgesetz-Aussetzung im Zusammenhang mit der Corona-Politik. Gotteshäuser, Kindergärten und Schulen seien geschlossen, die Grundrechte zahlreich eingeschränkt worden. Die Regierenden hätten Menschen ausgegrenzt, diskriminiert und geächtet, nur weil sie „ihr natürliches Recht auf körperliche Unversehrtheit wahrnahmen“. Die Opfer der staatlichen Maßnahmen müßten rehabilitiert werden, forderte er.
Gegenüber der NZZ nannte Rudolph den Brief des Bündnisses, dem seine Gemeinde selbst angehört, einen „Einschüchterungsversuch“. Und er drehte den Vorwurf um: „Soll Juden es nicht erlaubt sein, in ihrer eigenen Art und Weise des Schicksals ihres Volkes bis in die heutige Zeit zu gedenken?“ Er wirft der Dachorganisation vor, sich in innerjüdische Angelegenheiten eingemischt zu haben. Dies könne „aus rechtlicher Perspektive potentiell als antisemitisch bewertet“ werden. (fh)