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Filmrezension: Stromberg ist wieder da – und das ist auch gut so!

Filmrezension: Stromberg ist wieder da – und das ist auch gut so!

Filmrezension: Stromberg ist wieder da – und das ist auch gut so!

Im neuen Kinofilm sucht Bernd Stromberg (l.) auch seine alten Kollegen heim.
Im neuen Kinofilm sucht Bernd Stromberg (l.) auch seine alten Kollegen heim.
Im neuen Kinofilm sucht Bernd Stromberg (l.) auch seine alten Kollegen heim. Foto: YouTube Screenshot / KinoCheck
Filmrezension
 

Stromberg ist wieder da – und das ist auch gut so!

Stromberg ist zurück auf der Leinwand – und das verdammt gut. Deutschlands berühmtestes Ekelpaket kommt erstaunlich ernst daher, ohne unauthentisch zu wirken. Knaller-Sprüche gibt es natürlich auch. Eine Huldigung.
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Die berühmteste Halbglatze Deutschlands ist zurück auf der großen Bühne. „Stromberg – Wieder alles wie immer“ ist seit Donnerstag in den Kinos, die Erwartungen sind riesig. Schließlich geht es hier um eines der größten deutschen Kunstwerke des 21. Jahrhunderts. Das geht beim eingefleischten Fan natürlich auch mit Ängsten einher. Machen die jetzt vielleicht auf woke? Oder gehen den Machern möglicherweise die Witze aus? Kurze Antwort: Nein. Denn der Film ist lustig, mitreißend, zum Fremdschämen – ein echter Stromberg eben. An anderen Stellen dafür unerwartet ernst, fast rührend.

Im üblichen Dokumentations-Stil wird hier auf einer Metaebene gezeigt, wie die wichtigsten Akteure des Stromberg-Universums, Ulf, Tanja, Ernie, Jennifer und natürlich „der Papa“ persönlich, einen Film drehen sollen, wie es ihnen nach all den Jahren ohne Kamera-Begleitung inzwischen geht. Ulf und Tanja arbeiten als einzige noch bei der Capitol, Ernie ist inzwischen Life-Coach und hat ein Buch über Mobbing geschrieben. Jennifer, Strombergs große Liebe, ist mit einem hirnlosen Influencer namens Julian G. liiert, der in den unpassendsten Momenten das Handy zückt und filmt, um intime Momente anderer mit seinen Followern zu teilen. Alles für Klicks und Geld eben.

Gelegenheiten dafür hat er reichlich. So demonstrieren zum Start der Dreharbeiten wütende Feministinnen – stilecht mit häßlichen Frisuren – gegen das Machwerk, weil es das Patriarchat verfestige. Auch eine junge Regisseurin ist dieser Meinung und will einen neuen, modernen Stromberg zeigen. Weisheiten wie „Probleme sind wie Brüste: Wenn man sie anfaßt, macht’s am meisten Spaß“ seien „sexistische Kackscheiße“, ist sich die Filmemacherin sicher. „Das geht nicht mehr.“

Alte Sprüche werden zum Streitthema

Daß vieles heute nicht mehr gehe, zieht sich als Running-Gag durch das Machwerk. Etwa, als Marvin, Ulfs und Tanjas Adoptivsohn, von Stromberg-Fans erkannt wird und wegen seines regenbogenfarbenen Schlüsselanhängers als „Hinterlader“ und „Freund des braunen Salons“ verspottet wird. Ulf, eigentlich ein eher distanzierter Typ, der es nicht so mit Gefühlen hat, platzt daraufhin der Kragen und er zettelt eine handfeste Schlägerei an. Natürlich gefilmt von Jennifers neuer Flamme Julian, der das Ganze ins Internet stellt.

Nachdem der Trubel vorüber ist, sieht Stromberg sich genötigt, mit Marvin zu sprechen. Er habe das vor vielen Jahren eben so gesagt, aber niemals so gemeint. Er habe nie ein Problem mit Homosexuellen gehabt, betont er gegenüber dem jungen Mann, dem das Gespräch sichtlich unangenehm ist.

Auch macht sich der Film lustig über den Opportunismus, den man von großen Unternehmen auch im echten Leben kennt. So fühlt sich der Vorstandsvorsitzende der Capitol dazu bemüßigt, sich öffentlich von Strombergs sexistischen Sprüchen zu distanzieren. Sein Unternehmen stehe für Vielfalt und Weltoffenheit, Strombergs Eskapaden seien mit den hauseigenen Werten nicht vereinbar. Das ist eine der Stellen im Film, wo das Publikum im Kino am lautesten gelacht hat. Vermutlich, weil inzwischen jeder diese vorhersehbaren Phrasen schon mitsprechen kann, sobald ein Künstler oder Sportler mal etwas sagt, was nicht vollständig nach weichgespültem PR-Sprech klingt.

„Von so einer Trümmerfrau laß ich mir doch keinen Sexismus vorwerfen“

Doch auch die simplen, aber effektiven Sprüche fehlen im Film nicht. Wie ein präziser Schlag voll auf den Kehlkopf knallt es, wenn Stromberg genervt zu Ulf sagt: „Du wirkst wie so ein Burger auf der Autobahn-Raste. Wo du dir als Kuh denkst: Boah, scheiße, daß das hier endet.“ Ernie bekommt zwar von Stromberg – wahrscheinlich nur, um vor seiner Jennifer als reflektiert und erwachsen dazustehen – eine Entschuldigung für das jahrelange Mobbing. „Das war auch nicht in Ordnung damals, Berthold.“ Nur, um ihm kurz darauf zu sagen, er sei „dumm wie ein Stuhl, aber nur mit zwei Beinen“.

Zu keinem Zeitpunkt greifen die Schöpfer des Stromberg-Universums zur stalinistischen Selbstkritik. Die demonstrierenden Feministinnen und die woke Filmproduzentin, die das Projekt „modern und zeitgemäß“ machen will, werden als nervtötende Fremdkörper dargestellt und auch Stromberg selbst ist immer noch der Alte. In einem Anflug von schlechtem Gewissen besucht er Nicole, der er vor Jahren rücksichtslos das Herz gebrochen hat, um sie um Verzeihung zu bitten. Sie ist aber unversöhnlich und setzt ihn nach einem kurzen Gespräch vor die Tür. Stromberg trotzig: „Von so einer Trümmerfrau laß ich mir doch keinen Sexismus vorwerfen.“

Beruflich macht er inzwischen etwas, was nur der moderne Westen als Beruf hervorbringen kann: Er arbeitet als Mensch gewordenes Negativbeispiel für ein Unternehmen. In kurzen Clips namens „lernt von Bernd“ werden hier allerlei politisch unkorrekte Sprüche von ihm gezeigt – um zu demonstrieren, wie man nicht mit seinen Kollegen sprechen sollte. Seine Kollegen sind ethnisch divers, es wird viel englisch gesprochen, zu keinem Zeitpunkt wird erklärt, was der Konzern „Alpha“ eigentlich genau macht. Irgendwas mit „Development“ und „Busineß-Strategies“, präziser wird es nicht.

Stromberg ist hautnah am echten Leben

Der neue Film liefert eine meisterhafte Kritik an der modernen Vermarktungslogik der Medien, wenn der selbstverliebte Influencer Julian G. die unangenehmsten, intimsten Momente anderer seiner sabbernden Online-Gefolgschaft zum Fraß vorwirft. Die linken Feministinnen wirken humorbefreit und geradezu missionarisch – alles wie im echten Leben. Zum Ende des Films, als für Stromberg alles gut wird und er wieder von der Menge bejubelt wird, zieht auch der Capitol-Chef seine Distanzierung zurück und betont, sein Unternehmen habe immer zu dem exzentrischen Chef gestanden. Lars Klingbeil und Carsten Linnemann haben kurze Gastauftritte und betonen, es brauche mehr Stromberg-Typen in der Politik. Typen, die auch mal unangenehme Wahrheiten schonungslos ansprechen.

In einem traurigen Moment räumt Stromberg auf mit dem woken Zeitgeist und spricht uns allen aus der Seele: „Über nix kannste mehr Witze machen, aber über mich? Kein Problem.“ Arbeitende, deutsche Hetero-Männer seien die einzige Gruppe, die man noch auslachen darf. Versicherungen seien unnatürlich und lebensfremd, die menschliche Existenz sei ein einziges Risiko. Wenn er Leute mit einem Fahrradhelm sehe, hoffe er immer, ein Bus möge ihnen über die Beine fahren.

Fast trumpesk wirkt seine Schlußansprache: „Ihr seid doch das Mobbing von unten auch leid!“ Die Band am Ende singt: „Es ist alles wie immer, Zukunft wird überschätzt.“ Schöner kann man es nicht ausdrücken. Stromberg ist immer noch am Puls der Zeit, immer noch hautnah dran an zwischenmenschlichen Dynamiken und Archetypen, die jeder aus dem Arbeitsleben kennt. Manche Dinge ändern sich eben wirklich nie. Und das ist auch gut so.

Im neuen Kinofilm sucht Bernd Stromberg (l.) auch seine alten Kollegen heim. Foto: YouTube Screenshot / KinoCheck
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