Die Grabplatte vom Montag“. So nennt man in der Hamburger Zeit hinter vorgehaltener Hand inzwischen jene ellenlange Kolumne des ehemaligen grünen Außenministers Joschka Fischer, die nun schon seit Monaten jeweils zum Wochenbeginn auf Zeit-online erscheint und die ein einziges riesiges Phrasenmeer ist, eine schier endlose Aneinanderreihung von EU-politisch korrekten Banalitäten. Wer will denn so etwas lesen?
Aber es geht hier gar nicht ums Gelesenwerden, es geht ausschließlich darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen, und zwar Aufmerksamkeit in eigener Sache. Der Lebenstraum des eben sechzig gewordenen Joschka ist bekanntlich, EU-Außenminister, pardon: „Hoher Repräsententant der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitsfragen“ zu werden.
Javier Solana, der jetzige „Hohe“, tritt Anfang 2009 ab, und Joschka möchte ihn ums Verrecken gern beerben. Seine wöchentliche „Kolumne“ an prominenter Stelle dient dazu, diesen seinen Anspruch unübersehbar zu markieren. Die Hamburger Grabplatte ist eine Art Duftmarke.
„Ich bin schon da“
Ihre Botschaft ist schlicht und einfach. „Ich bin schon da“, lautet sie. „Ich beherrsche die Phrasenklaviatur aus dem Effeff. Israel hat ein Lebensrecht. Amerika hat Fehler gemacht, muß aber die Führung behalten. Die Europäer müssen sich mehr engagieren. Iran darf nicht die Bombe kriegen. China muß die Menschenrechte beachten. Deutschland muß eingebunden bleiben. Usw. usw. ich beherrsche das alles, es ist mein Revier. Bitte, bitte, kürt mich!“
Ob sie ihn im Januar aber tatsächlich küren werden? Zweifel sind angebracht. An sich sind für Deutsche in Brüssel nur jene Posten erreichbar, auf denen man wirklich arbeiten muß. Die großen Phrasendrescherposten, wo man sich nur wichtig zu machen braucht, waren bisher immer anderen vorbehalten.
Warum sollte sich das jetzt ausgerechnet bei Joschka ändern?Bleibt noch die Frage: Wie kommt die Zeit dazu, sich für ein so ungewisses Kommandounternehmen zur Verfügung zu stellen? Es macht das Blatt doch nur noch langweiliger, als es ohnehin schon ist. Eine Grabplatte für alles sollte doch genügen.