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Vom Dienen, Kämpfen und Fallen

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Vom Dienen, Kämpfen und Fallen

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Nanu? Dem Generalinspekteur der Bundeswehr ist offenbar die eigene Truppe zu weich. Zuviel Gejammer, monierte Wolfgang Schneiderhan ausgerechnet beim Jahresempfang des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags: Er sorge sich, daß „bei dem Überangebot an ‚Ich kümmere mich um Dein Problem’ – es ist ja nicht nur der Wehrbeauftragte – es sind viele mit und ohne Mandat, die sich dem Kümmern verschrieben haben, unseren Soldatinnen und Soldaten egal welcher Statusgruppen, egal welcher Dienstgrade, egal welchen Alters ein Fluchtweg aus der eigenen Verantwortung angeboten wird.“

Schön formuliert. Das Prinzip Sozialstaat – die „gesamtgesellschaftlich angelegte Tendenz zur Rückdelegation von Verantwortung“ in den treffenden Worten Schneiderhans – macht eben auch vor der Bundeswehr nicht halt. Darüber sollten sich allerdings diejenigen am wenigsten wundern, die der Armee konsequent jede Spur von kriegerischem Korpsgeist ausgetrieben und alle militärischen Vorbilder und Traditionslinien mit inquisitorischem Eifer ausgemerzt haben.

Eben Leute wie Wolfgang Schneiderhan, der wendige rot-grüne Generalinspekteur, der in dieser Funktion drei Ministern und zwei Kanzlern als Strippenzieher zur Verfügung stand. Der Diener vieler Herren beklagt nun, daß „wir alle uns gelegentlich auf eine konditionierte Bereitschaft zum treuen Dienen einlassen: Ich diene meinem Land, wenn es mir die Lösung aller Probleme in einem ‚Rundum-Wohlfühlangebot’ mit integriertem Erfolgserlebnis anbietet.“

„Klagt nicht, kämpft“-Rhetorik

Da hat Schneiderhan in der Tat einen „gesamtgesellschaftlichen“ Übelstand auf den Punkt gebracht. Seine „Klagt nicht, kämpft“-Rhetorik klänge allerdings um einiges glaubwürdiger, könnte er auch die Frage nach dem „Wofür“ staatspolitisch überzeugend beantworten. Demokratie, Menschenrechte, westliche Wertegemeinschaft und Verfassungspatriotismus allein können dem Militärischen nicht seinen selbstverständlichen Platz im nationalen Selbstverständnis der Deutschen zurückgeben. Wer Dienen und Sich-Opfern einfordert, kommt am Vaterland nicht vorbei.

Staat und Gesellschaft stehen längst nicht so treu hinter der Armee und ihrem Auftrag, wie es der Generalinspekteur von seinen Soldaten verlangt. Trotzdem kämpft die Bundeswehr, und ihre Soldaten fallen. Doch Schneiderhans Chef, der Verteidigungsminister, will bis heute nicht einmal das Wort „Krieg“ in den Mund nehmen, und von „Gefallenen“ sprach er widerwillig erst auf massiven Druck aus der Truppe hin.

Druck, der keineswegs zuerst von Wolfgang Schneiderhan kam. Der Generalinspekteur ist eben, in einer durchpolitisierten „Parlamentsarmee“, wohl oder übel auch selbst Politiker. Und als solcher stellt er sich nicht allzu laut gegen einen Zeitgeist, dem das Kriegerische von Grund auf suspekt ist, der von wehrhafter Staatsräson und vom Kämpfen, Töten und Sterben nichts hören will und Augen und Ohren zumacht, um sich davon nicht in seiner mentalen Wellness stören zu lassen.

Überangebot fürsorglicher Soldatenbetreuer

Wenn im übrigen Soldaten, die – wie im Krieg nun mal unvermeidlich – sich mit der Waffe verteidigen und Feinde töten, erst mal den Staatsanwalt fürchten müssen, weil sie nicht zuvor den Bundestag oder das Einsatzführungskommando gefragt haben, dann ist das für die Auftragstaktik wohl eine weitaus größere Bedrohung als ein eventuelles Überangebot fürsorglicher Soldatenbetreuer. Es gibt eben auch eine „konditionierte Bereitschaft des Staates, für die Folgen des treuen Dienens zu sorgen“, wie ein Kommentar im FAZ-Sicherheits-Blog anmerkt.

Von der Weigerung, strahlengeschädigte frühere Radar-Soldaten zu entschädigen, über die Weiterbeschäftigung kriegsversehrter Soldaten und die Versorgung der Hinterbliebenen Gefallener bis zum unwürdigen Gezerre um Tapferkeitsauszeichnungen und Ehrenmale liegt da einiges im Argen. Wiederum viel zu tun für den Generalinspekteur.

Schon klar, ein Schneiderhan ist genervt, wenn Bundestagsabgeordnete von einem Truppenbesuch Klagen über falsche Schlafsäcke im Kongo mitbringen. Da hätte er sich ja selbst schon drum kümmern können. Und nicht nur um Schlafsäcke, sondern auch darum, daß rechtzeitig geeignete Waffen und Panzerfahrzeuge und sonstiges lebenswichtiges Gerät angeschafft wird, bevor man die Truppe rund um den Globus in Kriegseinsätze schickt. Von daher ist die Kritik am Beschwerdengejammer auch ein Ablenkungsmanöver von eigenen Versäumnissen eines Generalinspekteurs, der sich nicht so gern mit der politischen Klasse anlegt, die ihn füttert.

Mehr Tapferkeit an der Heimatfront

Dienst am Vaterland? Schneiderhan selbst scheint ja zu glauben, Bundeswehr und Bundesrepublik seien Mitte des 20. Jahrhunderts irgendwann vom Himmel gefallen: „Die Bundeswehr ist älter als Reichswehr und Wehrmacht zusammen. Allein die Bundeswehr im vereinigten Deutschland ist älter als die Wehrmacht. Aber: diese Bundeswehr ist inzwischen länger auf dem Balkan im Einsatz (seit Dez 1995) als Erster und Zweiter Weltkrieg zusammen gedauert haben. Sie ist auch schon länger in Afghanistan als der Zweite Weltkrieg gedauert hat.“

Schon possierlich, wie da der oberste Soldat der Bundesrepublik Deutschland so tut, als ginge ihn die ganze preußisch-deutsche Militärtradition samt elf Jahrhunderten deutscher Geschichte nichts an. Bloß nicht anecken; und bei der nächsten politisch-korrekten Kasernenumbenennung schweigen wir dann auch wieder. Mehr Tapferkeit an der Heimatfront, Herr Generalinspekteur!

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