Das Urteil des BGH zu www.spickmich.de ist rechtlich wie sachlich nachvollziehbar. Ich würde mich lieber dort bewertet sehen als etwa mit einem unflätigen Graffiti auf dem Schulklo.
Lehrer sind häufig narzisstisch, weil sie permanent zu einer Rollentäuschung gezwungen werden. Vor ihren Klassen und Kursen geben sie den kenntnisreichen, aber ebenso den besseren Menschen. Das führt zu tragikomischen Auftritten, zu Langeweile und zu absurd anmutenden Kommunikationen. Während das System Bildung die Lehrer aber eher schützt und ihnen nach wie vor hohe Rechte gegenüber Schülern zumisst, lässt es diese weitgehend im Stich. Schüler werden durchgehend bewertet, nicht Lehrer.
Die derzeitige Schule hemmt zum einen die Entfaltung der Talentierten, weil es sie mit quantitativen Überfrachtungen an der Pflege ihrer Interessen hindert; zum anderen kränkt sie die Mittelmäßigen und Schwachen, weil sie verspricht, was dann nicht zu halten ist, beispielsweise hochwertige Abschlüsse für alle. So hoch die Erwartungen sind, so schnell kommt es folgerichtig zu Kränkungen. Sie beginnen bei der Note Zwei. Als Ort permanenter Frustration wurden Schulen die Vollstreckungsorte von Amokläufern, nicht etwa Firmen und Banken.
Die Schule eine Enklave der Gerechtigkeit?
Das Gerede von Chancengleichheit suggeriert, einfaches Mitmachen, wortreiches Mitreden und diffuses Mittun – etwa in „Projekten“ – garantiere für sich genommen schon Ergebnisse. Während sich die Gesellschaft mit Karrierestress und Effizienzforderung abkühlt, soll die Schule eine Enklave der Gerechtigkeit bieten.
Lehrer sind nach ihrem Staatsexamen kaum mehr Prüfungsdruck oder inhaltlich ansetzenden Revisionen ausgesetzt; sie können bei ihrem zweifelhaft erprobten Standard bleiben und die fatale Selbstwahrnehmung, damit eine gute Arbeit zu leisten, selbstgerecht pflegen und mit sog. Weiterbildung stärken. Prinzipiell dürften Schüler sie tatsächlich am besten beurteilen, weil die an Empfindungskriterien des elementar Zwischenmenschlichen messen, die auf spickmich.de einsehbar und durchaus einsichtig sind.
An der Arbeit eines Lehrers ist der Schüler auf direkte, ja intime Weise beteiligt, ganz anders als der Direktor und die Kultusbürokraten, die ihren politischen Konstruktionen und pädagogischen Dauerexperimenten nachhängen. Insofern erscheint es legitim, das derjenige bewertet, der intensiv betroffen ist. Das hat etwas ursprünglich Demokratisches, ganz im Gegensatz zur Farce innerhalb der Berliner Republik.
Schüler honorieren, was das Bildungssystem nie honorieren würde
Demokratie gründet hier noch unten, und ein Urteil auf der Schülerplattform muss ausgesprochen werden dürfen, bevor der Diskurs darüber beginnen kann. Jede Rückmeldung ist wertvoll, gerade die kritische. Lehrer sollten das aushalten lernen, wenn sie sich wieder als Leistungsträger verstehen wollen.
Und Schüler honorieren sogar, was das Bildungssystem nie honorieren würde: Priorität des Inhaltlichen, spannende und inspirierende Veranstaltungen, Fähigkeit zur Führung und die Courage von Kollegen, die sich dem Opportunismus gegenüber der Stagnation in den Ämtern quasi existentialistisch verweigern, anstatt in der GEW zu quengeln.
Intuition führt oft zu richtigen Entschlüssen und gangbaren Wegen. Schüler sollten intuitiv bewerten dürfen, gerade die ihnen neben den Eltern nächsten Menschen, ihre Lehrer.