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Streiflicht: Unter Räubern

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Streiflicht
 

Unter Räubern

In der Debatte zur Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm hat Peter Gauweiler (CSU) geschwiegen. Er wußte, daß nichts zu drehen war. Sein rhetorisches Talent wird er am Wochenende auf dem CSU-Parteitag demonstrieren. Ein Kommentar von Dieter Stein.
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Der Bundestag: Widerstand gegen den Eurozentralismus gibt es hier kaum Foto: Pixelio/Jörg Sabel

Obwohl die „Kanzlermehrheit“ trotz einer kleinen Zahl von Abweichlern bei der Abstimmung über die Euro-Rettung noch einmal erreicht wurde, zeigten sich Risse, die auf tiefere politische Erschütterungen verweisen. Die wenigen offenen Abweichler wurden offenbar unter außergewöhnlichen Druck gesetzt.

Wolfgang Bosbach (CDU), jahrelang einer der treusten Getreuen der Kanzlerin, mußte sich von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla am Ende einer Sitzung der nordrhein-westfälischen Landesgruppe in Berlin unflätig beschimpfen lassen: Er könne Bosbachs „Fresse“ nicht mehr sehen. Pofalla pöbelte laut Medienberichten über Bosbachs angekündigtes abweichendes Abstimmungsverhalten: „Wenn ich so eine Scheiße höre wie Gewissensentscheidung.“ Hier fiel die Maske.

Die Wahl Gauweilers käme auch einer Abstimmung über den Euro gleich

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) geriet unter Beschuß, weil er sich über den Willen der Fraktionsspitzen hinwegsetzte, die unisono verhindern wollten, daß die Rebellen Rederecht erhalten. Aber erst durch die Ansprachen von Klaus-Peter Willsch (CDU) und Frank Schäffler (FDP) entstand – von den Wortmeldungen der Linkspartei abgesehen – überhaupt nur ansatzweise eine „Debatte“. Einer jedoch, der zu den gewichtigsten Gegnern der Euro-Rettung zählt, schwieg im Bundestag: Peter Gauweiler. 

Er wußte, daß in dieser Abstimmung nichts zu drehen war und es entscheidender sein wird, am kommenden Wochenende auf dem CSU-Parteitag sein rhetorisches Talent zu demonstrieren. Dort will er für einen der Posten als Stellvertreter von Parteichef Horst Seehofer kandidieren. Er wird von einer Welle der Sympathie getragen, die ihm aus einer Partei entgegenschlägt, welcher der Nimbus der unangefochtenen bayerischen „Staatspartei“ abhanden gekommen ist und die doch einst als rechtes Korrektiv zur CDU galt.

Die Wahl Gauweilers wird zu einer Abstimmung über die Euro-Rettung werden. Nirgendwo sonst sind der abenteuerliche Kurs dieser Währungspolitik und der Marsch in einen ungebremsten Brüsseler Zentralismus so verhaßt wie in Bayern.

Alternative zur „alternativlosen“ Euro-Rettung

Frank Schäffler wiederum kämpft in der FDP für eine Alternative zur laut Merkel „alternativlosen“ Euro-Rettung. Die notwendigen Stimmen für einen Mitgliederentscheid hat er zusammen, die Parteiführung fürchtet den immer selbstbewußter auftretenden Parlamentarier. In seiner fulminanten Bundestagsrede warnte er vor einem „Weg in die Knechtschaft“ und der weiteren Erpressung durch die Finanzmärkte.

Er beklagte den Verfassungsbruch im Zuge der Euro-Rettung und verwies auf die Rede des Papstes, der den Kirchenvater Augustinus mit den Worten zitiert hatte: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine Räuberbande.“ Frank Schäffler und Peter Gauweiler: Mit diesen beiden Politikern wäre Staat zu machen.

JF 41/11

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