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Skandal um AfD-Politikerin: Wasser auf die Mühlen

Skandal um AfD-Politikerin: Wasser auf die Mühlen

Skandal um AfD-Politikerin: Wasser auf die Mühlen

Tino Chrupalla, Nicole Höchst und Alice Weidel bei der Fraktionssitzung der AfD-Bundestagsfraktion im Reichstagsgebäude. Berlin, 26.09.2023. Wasser auf die Mühlen der Gegner.
Tino Chrupalla, Nicole Höchst und Alice Weidel bei der Fraktionssitzung der AfD-Bundestagsfraktion im Reichstagsgebäude. Berlin, 26.09.2023. Wasser auf die Mühlen der Gegner.
Tino Chrupalla, Nicole Höchst und Alice Weidel (v.l.n.r.): Parteispitze greift ein. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr
Skandal um AfD-Politikerin
 

Wasser auf die Mühlen

Daß sich die AfD-Spitze schnell von einer Abgeordneten distanziert, die einen unterirdischen Beitrag über Moslems und Schweinegülle verbreitet, ist genau richtig. Solche Entgleisungen können unmöglich das Niveau und der Anspruch einer Partei sein, in die mehr als zehn Millionen Deutsche ihre Hoffnungen setzen. Ein Kommentar.
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Daß sich Politiker auf sozialen Netzwerken herumtreiben, um Aufmerksamkeit zu generieren, ist wohl mittlerweile Teil der Berufsbeschreibung. Nichts verpassen, immer mitspielen und mitkommentieren. Daß sich AfD-Abgeordnete dabei besonders hervortun, verwundert ebensowenig. Schließlich werden sie von den meisten großen Medien systematisch ausgegrenzt, müssen ihre Botschaften aber trotzdem irgendwie unters Volk bringen.

So gesehen war der jüngste, schnell gelöschte Beitrag der Bundestagsabgeordneten Nicole Höchst auf Elon Musks Netzwerk X außerordentlich erfolgreich. Bild, Welt und viele andere Medien berichten. So viel Aufmerksamkeit gab es für die Politikerin aus Rheinland-Pfalz selten. Als Religions- und bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist Höchst das in den vergangenen Jahren jedenfalls nicht gelungen.

Am Dienstag verbreitete die Politikerin nun eine Kachel, auf der zwei Menschen in arabischen Gewändern neben etwas stehen, was die Künstliche Intelligenz wohl für einen Gülletransporter hält. Garniert war diese optische Zumutung mit dem Satz: „An alle Moslems in Deutschland: Was immer du auch ißt … Es ist mit Schweinescheiße gedüngt.“ Dazu noch das AfD-Logo und das Gesicht der Politikerin, und fertig ist die Laube.

Mittlerweile gelöschter Beitrag der Abgeordneten: Niveaulos, hässlich und auch noch inhaltlich falsch. Foto: Screenshot/X
Mittlerweile gelöschter Beitrag der Abgeordneten: Niveaulos, hässlich und auch noch inhaltlich falsch. Foto: Screenshot/X

Hemmungslos in den eigenen Filterblasen

Wo soll man da anfangen? Die Grafik ist ja sicherlich nicht vom Himmel gefallen. Irgendwo zwischen der Beauftragung beim Mitarbeiter, der Freigabe der Kachel und dem Posten auf X muß doch Zeit gewesen sein, wenigstens kurz einmal zu überlegen, ob das, was man da vorhat, nicht eigentlich komplett daneben ist. Nicole Höchst kam dann aber offenbar zum Schluß: Raus mit der Kachel!

So ist das eben, wenn man große Teile seiner politischen Existenz in den weitgehend abgeschlossenen Filterblasen auf Twitter, Facebook oder sonstwo verbringt, in denen man für jeden Blödsinn von einer Heerschar blaue Herzen postender Anonym-Accounts gefeiert wird. Irgendwann glaubt dann mancher, das sei die Realität und all die Menschen in Deutschland würden auch so denken. Tun sie aber nicht.

Höchst löschte ihren Beitrag, nachdem sie aus AfD-Kreisen dafür scharf kritisiert worden war. Am Ende verlangten auch die Partei- und Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla, dieser Beitrag müsse verschwinden.

Die Wähler haben große Erwartungen in die AfD

Mehr als zehn Millionen Menschen haben der AfD bei der vergangenen Bundestagswahl ihre Stimme gegeben. Sie ist für viele Menschen die letzte politische Hoffnung in diesem Land, das Ruder des komplett vom Kurs abgekommenen Schiffes Deutschland noch einmal herumzureißen. Diese Wähler – und wohl auch diejenigen, die die Partei künftig für sich gewinnen will – erwarten eine seriöse, ernsthafte Politik. Darf es auch mal hart zur Sache gehen? Klar. Scharfe Kritik an der irrlichternden Bundesregierung? Aber bitte doch.

Was aber nicht geht, sind Beiträge wie von Höchst. Primitiv, dümmlich und peinlich sind für diesen Beitrag noch freundliche Wörter. Was genau will sie uns denn am Ende damit sagen? Daß Nichtmuslime sich die „Schweinescheiße“ gepflegt am Stück reinlöffeln? Daß alle Muslime jetzt das Land verlassen müssen, weil sie gegen ihre Gesetze verstoßen? Daß Schweinekot jetzt das Mittel der Wahl bei der dringend notwendigen Auseinandersetzung mit Islamisierung ist? Daß das jetzt überhaupt das Niveau der größten Oppositionspartei ist?

Scharfe innerparteiliche Kritik

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte hat, ohne Höchst beim Namen zu nennen, dazu völlig richtig geschrieben:

Wenn wir uns als Konservative mit muslimischer Zuwanderung befassen, sind Parallelgesellschaften, Kriminalität, Fundamentalismus, deutsche Leitkultur sowie Qualität und Quantität der Zuwanderung valide und statistisch gut begründbare Kritikpunkte. Platte Niveaulosigkeiten gegenüber Muslimen sind aber keine Politik. Auch Aktionen, die keinen anderen Zweck verfolgen, als Muslime in ihren religiösen Gefühlen zu kränken, sind keine Politik. Und auch die unvermeidlichen Spanferkel-Memes an Ramadan (als wäre das der Kern deutscher Leitkultur) sind keine Politik.

Bärendienst ist noch das falsche Wort für die Entgleisung von Höchst. Sie hat der AfD und ihren 150 Kollegen in der Bundestagsfraktion geschadet. Sie hat der falschen Erzählung der großen Medien und der politischen Konkurrenz, die AfD sitze nur in den Parlamenten, um zu pöbeln, unnötig Futter gegeben.

Und nichts könnte falscher sein. Die AfD macht in den Parlamenten eine zum Teil exzellente Arbeit. Sie löchert die Bundesregierung und Landesregierungen mit hunderten Anfragen und deckt dabei immer wieder politische Skandale und Ahnungslosigkeiten der Regierenden auf. Deswegen berichtet die JUNGE FREIHEIT auch regelmäßig über Anfragen, Anträge und Gesetzesinitiativen der AfD-Fraktionen. Auch die Bürger wollen schließlich wissen, was die Abgeordneten da so mit dem Steuergeld treiben, das sie Monat für Monat erarbeiten müssen.

Nicht der erste Ausfall der Politikerin

Nun hat die Partei also den Salat und kann darüber ehrlicherweise auch nicht ganz so entsetzt sein, wie sie es nun ist. Seit Wochen und Monaten ist die Social-Media-Präsenz der Abgeordneten Gesprächsthema in den einschlägigen innerparteilichen Chats. „Was hat sie denn da wieder gepostet?“ „Hast du schon die neueste Höchst-Grafik gesehen?“ Nun will es wieder keiner geahnt haben.

Erst vor wenigen Tagen verewigte sie sich mit einer „F?tzen Freitag mit den Linken“-Kachel, auf der sie sich über die niveaulose Social-Media-Arbeit der Linkspartei ausläßt und sich beschwert, daß diese dafür „über 10.000 Euro Steuergeld im Monat kassieren“. Das gilt auch für Höchst.

Und dann ist die Kachel auch noch inhaltlich falsch

Ja, die anderen Parteien grenzen die AfD gezielt aus. Ja, die Partei wird von den meisten Medien unfair behandelt. Ja, der mediale Umgang mit der AfD ist ein einziger Skandal. Aber diese Sauereien mit „Schweinescheiße“-Beiträgen aufzuwiegen, bringt gar nichts. Wer Jette Nietzard glaubwürdig kritisieren will, kann sich selbst solche Exzesse einfach nicht erlauben.

Besonders peinlich: Die Kachel ist auch noch inhaltlich falsch. Schweinegülle macht nur rund 15 Prozent des in Deutschland verwendeten Düngers aus. Höchst hat also auch noch den Narren in ihrer eigenen Social-Media-Show gespielt.

Gut, daß die AfD hier schnell reagiert hat. Immerhin das ist ein gutes Zeichen. Zeigt es doch, daß die Parteispitze und viele, viele Mitglieder und Funktionäre mittlerweile nicht mehr gewillt sind, jedem Hinterbänkler seine Social-Media-Exzesse durchgehen zu lassen. Dazu ist die Situation zu ernst, die Zeit zu knapp und die Erwartungen der Wähler zu hoch, als daß die AfD sich weiterhin mit solchen Eskapaden beschäftigen muß.

Tino Chrupalla, Nicole Höchst und Alice Weidel (v.l.n.r.): Parteispitze greift ein. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr
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