Die Totenglocken für die Ampel läuten heftiger. Wenige Wochen vor ihrem zweiten Geburtstag ist die Zweckverbindung aus Grünen, SPD und FDP, die so gerne eine „Fortschrittskoalition“ gewesen wäre, vor aller Augen mit ihrem Latein am Ende. Für die Einsicht, daß das Spiel tatsächlich aus ist, sind die ertappten Haushaltstrickser allerdings noch nicht reif.
Daß es ausgerechnet das Bundesverfassungsgericht sein sollte, das der Ampel und ihren Ausgabeorgien den Stecker zieht, hat nicht nur die Koalitionäre selbst eiskalt überrascht, die eben noch harmonisch in Karlsruhe getafelt hatten. Ob die lauter werdenden Zweifel an ihrer Unabhängigkeit die Verfassungsrichter angespornt haben, ihr Wächteramt diesmal ernst zu nehmen, bleibt vorerst ihr Geheimnis. Bekannt ist, daß der abenteuerliche Umgang der Ampel mit Verfassung und Haushaltsrecht Dimensionen erreicht hat, bei denen auch die Richter schwerlich noch durch die Finger sehen konnten.
Die Aufgabe: Sparen
Der Taschenspielertrick, 60 Milliarden Euro an „Corona“-Kreditermächtigungen in einen „Klima- und Transformationsfonds“ als ideologische Spielwiese für Minister Robert Habeck umzubuchen, verstößt gleich gegen mehrere von der Verfassung gebotene Haushaltsgrundsätze. Die Tarnung von Schattenhaushalten als „Sondervermögen“ an der Schuldenbremse vorbei stellt das Karlsruher Urteil ebenfalls in Frage.
Der Bundesrechnungshof legt nach: Auch Habecks „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“, von der Abmilderung der „Corona“-Maßnahmenpolitik freihändig für grüne Energiewende- und „Transformations“-Politik umgewidmet, steht nun zur Disposition. Insgesamt rechnen die Prüfer der Koalition einen Einsparbedarf von mindestens 187 Milliarden Euro vor.
Vorsätzlich verfassungswidrig
Sowohl der Haushalt für das laufende Jahr 2023 als auch der Etatentwurf für 2024 gehören damit im Grunde in den Papierkorb. Die Fachleute sind sich darüber einig; mit Ausnahme des Wasserträgers des grünen Bundeswirtschaftsministers, Jens Südekum, sehen das auch die zur Anhörung des Haushaltsausschusses des Bundestags geladenen Experten so.
Die halten der Bundesregierung vor, daß ihnen die Verfassungswidrigkeit ihres Tuns von Anfang an klargewesen sein muß; selbst Lindner-Intimus Lars Feld hat das faktisch eingeräumt. Schließlich hatte nicht nur der Bundesrechnungshof mehr als einmal vor dem fragwürdigen Hantieren mit Schattenhaushalten gewarnt, deren Gesamtvolumen fast 870 Milliarden Euro erreicht.
Der Bundesfinanzminister, qua Amt Hauptverantwortlicher für das Desaster, wenn auch Getriebener seiner ökosozialistischen Koalitionspartner, hat mit einer erweiterten Haushaltssperre für alle Ministerien reagiert, wohl auch, um vor der Expertenanhörung nicht als alleiniger Prügelknabe dazustehen. Die Koalition steht damit vor einem in der Sache nicht lösbaren Grundsatzkrach.
Die Lösung: Mehr Schulden?
Denn Lindners Koalitionspartner tun einfach so, als wäre der Offenbarungseid gar nicht passiert. Der Kanzler winkt auch ohne verfassungskonformen Haushalt auf einem Afrika-Gipfel mal eben mit weiteren vier Milliarden Euro für grüne „Klima“-Luftschlösser, und Parteifreund Pistorius verspricht bei einem Blitzbesuch in Kiew der Ukraine auch für den nächsten Winter das Blaue vom Himmel.
Grüne und rote Sozialisten antworten auf den geplatzten Haushalt mit den immer gleichen Reflexen: Mehr Steuern, mehr Schulden und mehr Geld aus der Notenpresse. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich will auch im nächsten Jahr die Schuldenbremse außer Kraft setzen und dafür eine „außergewöhnliche Notsituation“ feststellen lassen. Nicht nur die angebliche „Klimakrise“, sondern auch der „Wiederaufbau“ der Ukraine und des Gazastreifens soll dafür als Vorwand herhalten.
Bei den Grünen dürfte er mit diesem aberwitzigen Vorhaben offene Türen einrennen. Denn der mit gigantischen Subventionen getriebene Umbau der einstigen sozialen Marktwirtschaft in eine ökosozialistische Kommandowirtschaft ist ihr zentrales Regierungsprojekt.
Mit Habeck in die Potemkin-Wirtschaft
Habeck verteilt Unsummen, um Windräder und Solaranlagen aufstellen zu lassen anstelle der mutwillig stillgelegten Kernkraftwerke. Er verteilt Abermilliarden, um die dadurch in die Höhe getriebenen Energiekosten temporär zu bemänteln. Und er verteilt weitere Milliardensubventionen an willfährige Unternehmen, die bereit sind, bei der Errichtung einer staatlich gelenkten „klimaneutralen“ Potemkin-Wirtschaft mitzuwirken: Unrentable Wasserstoffnetze ohne Speicher, die Wiederbelebung einer schon einmal gescheiterten nationalen Solarindustrie, Finanzspritzen für notorisch kränkelnde Windanlagenbauer.
Verfassungskonform ist das auf Pump kaum zu finanzieren. Und auch beim Anziehen der Steuerschrauben ist das Ende der Fahnenstange erreicht. In den letzten anderthalb Jahrzehnten sind die Steuereinnahmen des Staates um über 70 Prozent von 524 Milliarden Euro auf 896 Milliarden jährlich gestiegen. Mehr herauszupressen hieße, Wohlstand und Wirtschaftskraft noch schneller zu strangulieren.
Wer rettet den Haushalt?
Für die FDP ist die Haushalts- und Regierungskrise die vielleicht letzte Chance, aus einer Koalition auszusteigen, die sie unweigerlich in den parlamentarischen Orkus zieht. Sie redet vom Sparen bei den Sozialausgaben. Bisher hat sie freilich nur Rentner und Familien ins Visier genommen und sich an die aus dem Ruder gelaufenen Migrationskosten nicht herangewagt. Dabei liegt klar zutage, was die deutschen Staatsfinanzen ruiniert hat: die von Sozialtransfers befeuerte Massenmigration, die subventionsgetriebene „Klimaschutz“- und „Energiewende“-Politik und die bedenkenlose Großmannssucht, mit der diese Regierung und ihre Vorgänger das Geld der Steuerzahler in alle Welt verschenken.
Die Unionsparteien haben diese Politik in der Vergangenheit selbst angezettelt und mitgetragen. Die Preisfrage ist: Hat die deutsche Demokratie noch die Kraft, eine neue Regierung zu bilden, die diesen Irrweg korrigiert? Vom Koalitionsbruch und baldigen Neuwahlen bis zum bitteren Marsch in die vollständige Zerrüttung der Staatsfinanzen liegen jetzt alle Optionen auf dem Tisch.