Deutschland hat sich in der Rolle des europäischen Sonderlings wohlig eingerichtet. Wir leisten uns nicht nur die dümmste Energiepolitik der Welt und eine selbstverleugnende Migrationspolitik, sondern auch das härteste und undurchschaubarste Corona-Regime aller Staaten. Nachdem zuletzt die bislang führenden Fidschi-Inseln in ihrem Eifer nachgelassen haben, hält Deutschland laut „Stringency Index“ der Oxford-Universität seit kurzem endlich auch in dieser Disziplin den Negativrekord.
So wie es aussieht, sollen die deutschen Corona-Restriktionen auch die längsten von allen werden. Während reihum von Großbritannien über Skandinavien und Osteuropa bis nach Spanien die Maßnahmen vollständig fallen, die Rückkehr zur Normalität proklamiert und die Covid-19-Erkrankung dank Omikron auf den Rang einer endemischen saisonalen Grippe zurückgestuft wird, hat sich die deutsche Politik einen bürokratieverliebten Pseudo-„Öffnungs“-Plan in Trippelschritten ausgedacht, der sich über Wochen hinziehen soll.
Da gelten also weiter Kontaktbeschränkungen für private Zusammenkünfte, mit denen Ungeimpfte weiter ans diskriminierende Gängelband gelegt werden. Rational begründbar ist das nicht; die abnehmende Wirksamkeit der Impfstoffe, die allenfalls einen gewissen Eigenschutz gewährleisten können, liegt längst offen zutage. Kontrollier- und durchsetzbar ist das ebenfalls nicht, genausowenig wie die vorausgegangenen Vorschriftenorgien; die Obrigkeit verläßt sich darauf, daß der deutsche Untertan, der auch nachts um halb vier auf menschenleerer Straße geduldig auf die grüne Fußgängerampel wartet, sich weiterhin an jede noch so widersinnige Vorschrift halten wird.
Bürgerdressur per Verordnung
Während also in Großbritannien mit den letzten Regeln auch die Testerei aufgegeben wird, ohne die das Virus wohl gar nicht mehr wahrgenommen würde, während die Briten masken- und auflagenbefreit wieder Pubs und Fußballstadien bevölkern, während die Skandinavier wieder wie gewohnt einkaufen und feiern und die dänische Regierung „Faktenchecker“ nicht auf Maßnahmenkritiker, sondern auf Corona-Panikmacher ansetzt, während selbst die sonst so spröden Schweizer sich befreit die leidigen Masken aus dem Gesicht reißen, sollen die Deutschen sich auch in den nächsten Wochen mit Zugangsbeschränkungen herumschlagen. Bis dann am 20. März zum zweiten Jahrestag der ersten Corona-Verordnungen die Rechtsgrundlage dafür formal auslaufen und die „Schutzmaßnahmen“ enden sollen. Aber nur die „strengeren“, und auch nur „weitgehend“.
Was den Bürgern da als deutscher „Freiheitstag“ angedreht werden soll, ist wieder eine Mogelpackung. Denn „Basisschutzmaßnahmen“ sollen weiter gelten, welche und wie genau, ist noch auszukungeln. Hinter dem unverfänglich klingenden Begriff verbergen sich neue Zumutungen. Das Damoklesschwert des unerklärten und jederzeit wieder verhängbaren Notstands soll weiter über dem ganzen Land hängen.
Deutschlands Regierungspolitiker haben sich so sehr an die bequeme Bürgerdressur per Verordnung im Wochentakt gewöhnt, daß sie dieses Instrument freiwillig nicht mehr aus der Hand legen wollen. Es könnte ja, entgegen wissenschaftlicher Evidenz, doch wieder eine „gefährlichere“ Mutation auftreten. Mit Spekulationen stellt die Exekutive sich so selbst einen Blankoscheck aus.
Deren zentraler Fetisch ist die Maskenpflicht. Der Nutzen des Zwangs, jeden Menschen mit Gesichtsbedeckung herumlaufen zu lassen, ist weiterhin zweifelhaft. Wo man – im Ausland natürlich – die Effizienz der allgemeinen Maskenpflicht einer systematischen Überprüfung unterzogen hat, löst sie sich in nichts auf. Die Maske ist tatsächlich nicht nur „ein Stück Stoff“ – sie raubt dem Bürger seine Individualität in der Öffentlichkeit. Sie erweckt den Eindruck einer allgegenwärtigen Bedrohung, auch wo diese in harten Zahlen gar nicht meßbar ist, und dient der Aufrechterhaltung einer unterschwelligen Panikstimmung.
Corona-Maskenpflicht als Belastung für Kinder
Für Schulkinder, die ihr am härtesten und längsten unterworfen werden, ohne daß die Eltern sie davor schützen können, ist die Maskenpflicht eine unerträgliche gesundheitliche und seelische Belastung. Vor allem aber ist sie ein Ritual, das die Unterwerfung unter den Willen der Obrigkeit für jedermann erkennbar macht und den Abweichler auf einen Blick von den eifrigen Unterstützern, gleichgültigen Mitläufern und murrend sich Beugenden scheidet.
Der zweite große und mächtige Fetisch ist die Impfung. Der Formierungsdruck, den die Impfkampagne in den vergangenen vierzehn Monaten den Bürgern auferlegt hat, sucht seinesgleichen in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Dennoch hat die Impfung nicht gehalten, was sie an Infektionsschutz versprach; ihre Risiken und Nebenwirkungen sind nach wie vor nicht vollständig aufgeklärt, auch wenn Minister das Gegenteil behaupten. Die „Impflücke“ ist ebenfalls eine Schimäre; die Impfquote in Deutschland ist nicht geringer als in jenen Ländern, die sich bereits aus der Maßnahmenpolitik verabschiedet haben.
Dennoch klammert sich die politische Klasse an die allgemeine Impfpflicht als gesellschaftliches Kontrollinstrument, das sie über das absehbare Ende der Pandemie retten wollen. Die Front bröckelt, die Zweifel wachsen, eine konkrete Formulierung dieses Anschlags auf das Verfassungsrecht der körperlichen Unversehrtheit steht weiter aus, aber das Projekt ist noch nicht vom Tisch.
Denn sonst wäre der sich laufend widersprechende und von einem Gerichtsurteil nach dem anderen abgestrafte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nur noch der wirre Pharmalobbyist von der Hinterbank, wären die Maßnahmenverordner und Bund-Länder-Gipfeldarsteller gezwungen, sich ihrer Verantwortung für den gesellschaftlichen Scherbenhaufen zu stellen. Ob in gut drei Wochen tatsächlich alle Maßnahmen enden oder ob der 20. März wieder nur eine Etappe in einer endlosen Hängepartie wird, ist der Prüfstein dafür, ob Deutschland noch als freiheitlicher Rechtsstaat mit mündigen Bürgern und intakten Kontroll- und Korrekturmechanismen gelten kann.
JF 9/22