Erinnern Sie sich noch an das Schlagwort „First World Problems“? Der Begriff machte vor allem in den frühen 2000er Jahren als Hashtag auf Twitter und Motiv für zahlreiche Internet-Memes die Runde. Er sollte auf spöttische Weise darauf hinweisen, wie gerne und ausgiebig der wohlstandsverwöhnte Mensch über Luxusprobleme jammert, die nirgendwo sonst auf der Welt nur im Ansatz der Rede wert wären.
Seit einigen Jahren hört man die Formulierung kaum noch. Das könnte daran liegen, daß wir spätestens seit 2015 mit der Migrationskrise und der aktuellen Corona-Krise auch bei uns wieder Probleme haben, die von weitaus größerer Bedeutung sind als die Frage, ob man sich das neueste iPhone gleich am Erscheinungstermin kaufen kann.
Tatsächlich beschäftigen sich die Männer und Frauen des Westens trotz allerlei Weltkrisen mehr denn je mit absurden Nichtigkeiten und selbsterfundenen Pseudoproblemen. Zum Beispiel damit, ob sie überhaupt ein Mann oder eine Frau sind oder sich vielleicht doch einem der vielen anderen Geschlechter zugehörig fühlen. Das verhätschelte Besserverdienerkind aus dem Bildungsbürgertum ist heute nicht mehr verwöhnt, sondern „woke“. Was so ziemlich das Gleiche ist, sich aber besser mit der schizophren-marxistischen Denke vereinbaren läßt, die in diesen Kreisen derzeit mal wieder trendy ist.
Das Spaltungstrüffelschwein ist wieder fündig geworden
Wer „woke“ ist, hat nicht nur seine eigenen Pseudoprobleme im Kopf, sondern auch die der anderen. Eine Tatsache, die sich der moderne First-World-Problematiker selbst als fetten moralischen Pluspunkt anrechnet. Er hält stets die Augen auf, suchend nach Dingen, die jemanden stören könnten.
In diesen Tagen glaubt das uns Normalos hochüberlegene Spaltungstrüffelschwein unter anderem, im Nah- und Fernverkehr wieder einmal fündig geworden zu sein. Weil einige Menschen sich angeblich durch die Bezeichnung „Schwarzfahren“ diskriminiert fühlen, wird diese jetzt von zahlreichen Verkehrsbetrieben abgeschafft. In Städten wie Hamburg, Hannover, München und natürlich Berlin nutzt der öffentliche Nahverkehr das Wort nicht mehr.
Einige besonders eifrige Pseudoproblemsucher scheinen gar als selbsternannte Kontrolleure auf Bus- und Bahntour zu gehen, um nachzuschauen, wo die „rassistische“ Formulierung noch immer genutzt wird. „Beim Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH), der im Auftrag des Landes den Bahnverkehr in Schleswig-Holstein organisiert und ihn mit dem Busverkehr koordiniert, taucht der Begriff nach eigenen Angaben lediglich in einer Tarif-Broschüre auf. Laut NAH.SH soll das geändert werden. Anderswo ist man schon einen Schritt weiter“, wie der NDR zu berichten weiß. „Die Lübeck-Travemünder-Verkehrsgesellschaft verwendet den Begriff schon seit rund 15 Jahren nicht mehr.“
„Schwarzfahren“ hat nichts mit der Hautfarbe zu tun
Das Wort „Schwarzfahren“ sei ganz klar rassistisch und diskriminierend, sagt Sprecherin Gerlinde Zielke. Stattdessen gibt es nun die Formulierung: „Fahren ohne gültigen Fahrausweis“. Auch bei der Kieler Verkehrsgesellschaft findet man den umstrittenen Begriff seit Langem nicht mehr. „Das ist ein Wort der Medien“, meint Sprecherin Andrea Kobarg.
In jedem Fall scheint die Problematisierung eine Sache der Medien zu sein. Immerhin klärt der öffentlich-rechtliche Sender in seinem Bericht darüber auf, daß „Schwarzfahren“ etymologisch nichts mit der Farbe oder gar der Hautfarbe zu tun hat, sondern ursprünglich darauf zurückgeht, daß die Tätigkeiten bei Nacht durchgeführt wurden.
Der Sprachwissenschaftler Eric Fuß weißt in verschiedenen deutschen Medien zudem darauf hin, daß der Ausdruck von „shvarts“,dem jiddischen Wort für „Armut“ komme und demnach Menschen bezeichnete, die arm waren. Das verleiht dem Kampf der kulturmarxistischen Woke-Bubble schon eine ganz besondere Schlagseite. Wäre der von ihr nun weggejammerte Begriff des „Schwarzfahrens“ in seinem ursprünglichen Sinne doch eigentlich prima geeignet gewesen, um die eigene Forderung nach einem „fahrscheinlosen“ Nahverkehr für Minderbemittelte voranzutreiben.
RTL-Moderatorin stolpert über „Zigeunerleben“
Aber immerhin verschwindet mit dem „Schwarzfahren“ auf Initiative der linken Identitätskämpfer ein weiteres Wort jiddischen Ursprungs aus dem deutschen Sprachgebrauch. Auch das dürfte für viele „Krieger der sozialen Gerechtigkeit“ durchaus ein Erfolgserlebnis sein. So haben Sören und Mareike im Bus zumindest etwas zu erzählen, wenn sie zur nächsten BDS-Demo fahren. Bis dahin wird natürlich weiter Ausschau nach „diskriminierenden“ Begriffen gehalten. Sie lauern schließlich überall.
Gerade erst hat die RTL-Moderatorin Katja Burkard es doch tatsächlich gewagt, die vielen Umzüge einer Auswanderin aus der Sendung „Goodbye Deutschland“ als „Zigeunerleben“ zu bezeichnen. Da war das Paprikaschnitzel natürlich anschließend ordentlich am Dampfen. Einige Zuschauer ihrer Sendung „Punkt 12“, die um diese Zeit offensichtlich nichts besseres zu tun haben, als sich über solche Nichtigkeiten aufzuregen, traten im Internet einen der üblichen Shitstorms los.
Die Empörten keinen kein Pardon
Es dauerte nicht lange, bis sich die RTL-Frau mittels eines langen Instagram-Posts ausführlich für ihre sprachliche Sünde entschuldigte. Genutzt hat das natürlich mal wieder wenig. Die digitalen Steinewerfer, die im Leben noch nie gesündigt haben, wollten Burkards Bitte um Vergebung nicht akzeptieren. Deren „gespielte Naivität“ beleidige seine Intelligenz, behauptete einer der intellektuellen Instagram-Kommentatoren und „Punkt 12“-Zuschauer.
Außerdem warfen Nutzer der Nachrichtenmoderatorin vor, sie habe nach den Skandalen um Prominente wie Thomas Gottschalk oder Barbara Schöneberger nichts aus den Fehlern ihrer „Showbiz-Kollegen“ gelernt. Eine Strenge, die man sich schon mal leisten kann, wenn man mittags um 12 vor der Glotze hängt.