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Soziale Netzwerke: Neutralitätspflicht gilt auch für twitternde Minister

Soziale Netzwerke: Neutralitätspflicht gilt auch für twitternde Minister

Soziale Netzwerke: Neutralitätspflicht gilt auch für twitternde Minister

Klaus Lederer (Linkspartei)
Klaus Lederer (Linkspartei)
Berlins Kultursenator Klaus Lederer (LinksparteI) blockiert andere Nutzer bei Twitter Foto: Twitter-Screenshot / picture alliance / empics Foto: JF-Montage
Soziale Netzwerke
 

Neutralitätspflicht gilt auch für twitternde Minister

Ministerien, landeseigene Betriebe, Amtspersonen etc., die Nutzer in sozialen Netzwerken einfach blockieren, was das Zeug hält? Das kann so nicht weitergehen. Sie haben sich an Regeln wie die Neutralitätspflicht zu halten. Es wird Zeit, eine politische Initiative zu starten, die Rechtsstaatlichkeit im Internet herstellt. Ein Gastkommentar von Ronald Gläser.
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Die Chefin des Berliner Mauermuseums am Checkpoint Charlie, Alexandra Hildebrandt, wunderte sich. Plötzlich konnte sie keine Nachrichten des Berliner Kultursenators Klaus Lederer mehr lesen. Eine Museumschefin, der die Mitteilungen des für sie wichtigsten Regierungsrepräsentanten vorenthalten werden, ist ganz schön aufgeschmissen.

Leider ist der Fall Alexandra Hildebrandt nur ein spektakulärer Einzelfall. In der deutschen Hauptstadt herrscht Rechtlosigkeit, wenn es um staatliche Netzauftritte geht. So teilt der Senat in der Anfrage S18-16121 mit: „Es existiert keine Regelung über Eingriffsbefugnisse in den Social-Media-Konten des Senates, der Bezirke und der landeseigenen Betriebe.“

Ronald Gläser: Seit 2016 Mitglied des Abgeordnetenhauses Foto: Abgeordnetenhaus

Worum geht es? Der Kampf um die Meinungsfreiheit wird auf vielen Ebenen geführt. In den sozialen Netzwerken tobt nicht nur eine alltägliche Schlacht um Aufmerksamkeit. Es gibt auch eine zweite Schlacht, die das Ziel hat, Zeitgeistkritiker mundtot zu machen.

AfD profitiert von sozialen Netzwerken

Die sozialen Netzwerke sind für den Aufstieg der AfD mitverantwortlich. Plötzlich konnten die Mainstreammedien ihre Gatekeeper-Rolle nicht mehr ausspielen, weil jeder mit jedem kommunizieren konnte. Immer öfter kam die Wahrheit über Dinge ans Licht, die Politiker und ihre Handlanger im Medienbetrieb gerne vertuscht haben.

Die Regierung reagierte mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Eine weitere subtile Form des Mundtotmachens von Regierungskritikern ist das Herunterdimmen ihrer Reichweite. Sie können dann posten, was sie wollen – es wird nur von wenigen Leuten zur Kenntnis genommen. Seit die sogenannte Timeline nicht mehr in Echtzeit anzeigt, was gerade gepostet wird, ist dieser Manipulation bei Facebook und Twitter Tür und Tor geöffnet.

Im Frühjahr führte Twitter einen sogenannten Qualitätsfilter ein. Seitdem beklagen sich viele Nutzer über Reichweitenverluste aufgrund einer Quality Filter Discrimination. Viele Nutzer haben daher das Kürzel QFD in ihr Konto eingebaut. Ein anderer Zensurmechanismus ist der sogenannte Shadowban. Es bezeichnet ebenfalls die Online-Verbannung in die Bedeutungslosigkeit durch das Programm.

Deswegen kursieren so viele linke Blocklisten

Hier sind Twitternutzer vor allem betroffen. Es spricht einiges dafür, daß unter anderem diejenigen davon betroffen sind, die oft von anderen blockiert werden. Twitter hat zudem eingeräumt, daß es untersucht, wer mit wem zusammenhängt und wie oft Freunde von einem Nutzer bereits wegen Verstößen gemeldet worden sind.

Besonders verheerend scheinen die Blockierungen zu sein. Wer oft blockiert wird, verliert an Reichweite. Deswegen sind Blockierungen so wichtig. Deswegen kursieren so viele linke Blocklisten. Besonders prominent ist die von Jan Böhmermann.

Was Böhmermann vielleicht noch darf, darf ein Ministerium nicht mehr. Behörden und Amtsträger sind zur Neutralität verpflichtet. Sie dürfen nicht zu Demonstrationen gegen die Opposition aufrufen und auch keine willkürlichen Sperrungen vornehmen. Deswegen sagt die Gesellschaft für Freiheitsrechte: Eine Blockade, die die blockierte Person quasi aussperrt, sei daher keinesfalls vertretbar – ganz abgesehen davon, daß es fragwürdig sei, wenn sich eine Behörde dem Diskurs entzieht, indem sie Bürgern virtuell den Mund verbietet.

Deswegen sind öffentlich-rechtliche Proskriptionslisten unzulässig. Das gilt auch für twitternde Senatoren, die nicht einfach jeden sperren können, dessen Meinung ihnen nicht gefällt. Und das gilt natürlich erst recht für Behörden und landeseigene Betriebe.

Zeit für eine politische Initiative

Vor diesem Hintergrund sind meine Anfragen S18-16121 und S18-15902, die hier erstmals exklusiv veröffentlicht werden, erschreckend: Berlin, die Bezirke und die landeseigenen Betriebe haben zusammen 213 Social-Media-Konten. (Dazu kommen zum Beispiel private Twitterkonten wie das von Klaus Lederer.) Bei diesen offiziellen Stellen sind mindestens 427 Personen blockiert. Das ist weit mehr als die Zahl der von der Bundesregierung blockierten 270 Nutzer.

Die zweite Anfrage (S18-16121) hat ergeben, daß der Friedrichstadtpalast (dessen Chef im vergangenen Jahr vorübergehend AfD-Wähler aussperren wollte) mit 226 blockierten Personen ganz weit vorne liegt, gefolgt von einer Stelle der Justizverwaltung. Im Falle des Friedrichstadtpalastes steht zu befürchten, daß hier einseitig Nutzer aufgrund ihrer Weltanschauung blockiert werden. Das alles kann so nicht weitergehen.

Es wird Zeit, eine politische Initiative auf den Weg zu bringen, die diesen Wildwuchs beendet und Rechtstaatlichkeit im Internet herstellt. Ministerien, landeseigene Betriebe, Amtspersonen etc. dürfen nicht einfach blockieren, was das Zeug hält. Sie haben sich an Regeln wie die Neutralitätspflicht zu halten. Alles andere wäre verfassungsrechtlich problematisch.

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Ronald Gläser sitzt für die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus und dort unter anderem im Ausschuß für Kommunikationstechnologie und Datenschutz.

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (LinksparteI) blockiert andere Nutzer bei Twitter Foto: Twitter-Screenshot / picture alliance / empics Foto: JF-Montage
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